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Malaise mit der Ökosystemleistung «Fischfang»
25 | 01 | 2019 | Video | Reisen | 0 | 8302 |
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Männer müssen hin und wieder einfach «Giele» sein dürfen, um glücklich zu sein. Davon sind sowohl Hardcore- wie Plauschfischer überzeugt. Eines gleich vorweg: Die Erwartungen Letzterer wurden bei ihren Ferien in Finnland weit übertroffen.
Im September flogen fünf Helvetier gemeinsam nach Oulu (Mittelfinnland). Ein paar Stunden nach der Landung standen wir am Oulujärvi, dem fünftgrössten Binnensee Finnlands. Endlich! Eine Woche fischen, frei sein, fischen und einfach zweckfrei so richtig Sprüche klopfen – wie damals als «Giele».
Der etwa 50 km lange See Oulujärvi (Fläche 887 km2) mit dem Fluss Oulujoki gehören zu einem der wenigen UNESCO Geoparks in Skandinavien. Zum Schutz dieser Region dürfen hier z. B. keine Rentierherden als Nutzvieh gehalten werden. Die Landschaft wurde durch die Eiszeit geformt und präsentiert ein stark vernetztes Gewässersystem mit viel Fläche, aber wenig Tiefe. So ist auch die durchschnittliche Wassertiefe des riesigen Sees nur um die 7 Meter. Begibt man sich bewusst vom Wasser weg – was wir nach den ersten 3 intensiven Fischertagen tatsächlich schafften – staunt man über die grandiose Ursprünglichkeit des Rokua-Gebietes. Weite Birken- und Föhrenwälder mit üppigem Moosbewuchs sowie Beeren und Pilze in Hülle und Fülle.
Der heisse Sommer wütete auch in Finnland. Schon die Blog-Einträge, wo von lauem Beissverhalten durch zu warme Temperaturen geschrieben wurde, dämpften unsere Hoffnung. Unser Guide und Gastgeber Tepi, der die Region schon seit seiner Kindheit kennt, erlebte zum ersten Mal, dass sich die Wassertemperatur über mehrere Wochen bei 25 Grad einpegelte. Auch in unserer Ferienwoche nieselte es gerade mal einen halben Tag. Auf Grund der Trockenheit hatten wir dafür kaum mit Stechmücken zu kämpfen. Aber eigentlich waren wir ja zum Fischen gekommen, nicht zum relaxen.
Die Auswahl an Seen, Flüssen und Bächen in dieser Region ist enorm. Ob mit dem Kanu, Motor- oder Ruderboot, die Finnen sieht man mehr auf dem Wasser als am Ufer. «Wir Finnen sind eher Schlepp- als Spinnfischer», meinten unsere finnischen Fischerkollegen. Deshalb findet man an jedem Gewässer die Wegweiser «Veenenlaskupaikka», das sind Bootsrampen zum Einwassern. Per Pedes, mit dem Auto mit Bootsanhänger und mehreren Booten konnten auch wir somit ständig neues Terrain entdecken.
So überraschten uns z. B. die kleinen Bäche, deren Äschen gierig den Mepps packten. Massige Forellen (Schonmass 50 cm!) konnten wir allerdings weder am See noch im Fluss überlisten. Das ist definitiv der Fisch, der laut unserem Guide erst bei 12 Grad Wassertemperatur so richtig aktiv wird.
Schnell wurde klar, dass wir selbst an diesem sehr fischreichen Gewässer unsere Beute hart erarbeiten müssen. Dank der Ausdauer der Abteilung Hardcore-Fischer kam doch fast täglich frischer Fisch auf den Tisch. Meist Egli und Hecht. Aber auch Zander und Äschen wurden nach «Männerart» zubereitet: In Pfanne, Back- und Räucherofen oder besonders abenteuerlich an einem Stecken über dem offenen Feuer. Die Pilzkenntnis unseres ehemaligen Forstwarts Joni machten wir uns zu Nutze und reicherten die Fischgerichte häufig mit kapitalen Steinpilzen an. Ein guter Tropfen oder ein finnisches Karhu-Bier sowie ein Jass rundeten den Abend ab.
Seither bin ich übrigens, wie viele andere Fischer auch, dem Pilzesammeln verfallen. Läufts beim Fischen nicht so gut, schaue ich statt ins Wasser auf den Waldboden.
Unser Guide Tepi war wirklich Gold wert. Er versorgte uns nicht nur als Gastgeber fürsorglich, sondern auch mit Ködertipps, Gewässer-Infos und organisierte uns einen Schlepptag mit einem mehrfachen finnischen Meister im Trolling. Darauf waren wir besonders gespannt, denn am Oulusee werden seit einigen Jahren die europäischen Meisterschaften im Hecht-Schleppfischen
ausgetragen. Meister Atteson ist Trolling-Experte, Wobbler-Hersteller (wen wunderts?), gehört zu den Mitorganisatoren der Meisterschaften und ist bei den 320 teilnehmenden Booten meistens in den vordersten Rängen zu finden. Geschleppt wird mit bis zu 24 Ruten.
Unseren Wunsch, gezielt auf die kapitalen Forellen und Binnenlachse zu schleppen, nahm er zwar gerne auf, versprach sich bzw. uns allerdings nicht zu viel. Er sollte Recht behalten. Als Beifang zählten wir aber 12 Hechte und verloren noch 6 im Drill. Die meisten massen zwischen 60 und 90 cm. Auch Egli und ein paar untermassige Forellen vergriffen sich an der Eigenmarke von Atteson. Ein Hecht über einen Meter gilt hier bereits als sehr kapital. Der blieb uns verwehrt. Für den Fang von Zandern empfahl uns Atteson Gummifische mit Gabel- statt Schaufelschwanz. «Der Schaufelschwanz macht zu viel Radau», meint er ganz trocken. Trotzdem konnten wir in dieser Woche keinen grösseren Zander erbeuten.
Mein Favorit auf Hecht war der weiss-lila Staysee 90SP von Lucky Craft. Egli bissen hauptsächlich auf die braunen Keitech Crazy Flapper-Krebsimitationen und Forellen attackierten den Mozzi von Stucki.
Ein Hotspot für Egli war der Seeauslauf. Man musste nahe zum Grund. Die raue Bodenstruktur erwies sich aber als wahres Gummifischgrab. Irgendwann gingen uns allen die Jigköpfe aus. Leider gabs in der Gegend kein Fischereigeschäft, nur einen Supermarkt mit einer kleinen Fischereiartikel-Ecke, dessen Sortiment am Saisonende ebenfalls ausgetrocknet war. Wer also ein Tackle-Debakel vermeiden will, deckt sich vorher grosszügig ein.
Die kapitalen Fische fingen wir in diesen Fischerferien nicht. Auch nicht die Massen. Aber all die Erlebnisse, wie Wutausbrüche wegen zerbrochener Rute und defekter Rolle, die Diskussionen, ob z. B. die versenkten Gummifische als Umweltverschmutzung gebüsst werden müsste, ob uns ein Einheimischer die Kontrollorgane (vergeblich) auf den Hals gehetzt hatte, die Cowboy-Momente am knisternden Lagerfeuer mit atemberaubendem Sonnenuntergang, die herzliche Gastfreundschaft von Tepi und seiner Frau Päivi, die stichelnden Bemerkungen statt tröstender Worte der Teammitglieder, wenn man einen schönen Fisch beim Drill verlor – all dies sind Erinnerungen, die zu unserem persönlichen Jahres-Highlight zählen. Darin waren wir uns zumindest einig. Und auch darin, dass die Fischerei mit Kollegen ein exorbitanter Energieschub ist für die vielen Herausforderungen, die wir grossen Buben im Alltag wieder zu meistern haben. Liebe Frauen, schickt eure Männer in die Fischerferien! Sie kommen als glückliche, leistungsfähige Alltagshelden zurück.
Fishbreak bietet diverse Fischerreisen in Finnland an.
Die Unterkunft Taikaloora liegt direkt am Oulujärvi.
Auskunft und Buchung: www.fishbreak.ch
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