11 | 04 | 2022 | Reisen | 0 | 5850 |
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«Medium Game» auf Gran Canaria
Die «Big Game»-Fischerei auf die grössten Raubfische des Planeten wie Marlin oder Thunfisch gilt für viele als absolutes Highlight der Fischerei. Allerdings ist die fischereiliche Grosswildjagd Geschmackssache und sehr kostspielig. «Petri-Heil»- Redaktor Ruben Rod hat die Kanarischen Inseln besucht und festgestellt, dass auch eine Nummer kleiner tolle Fischereierlebnisse möglich sind.
Es war eigentlich kein Fischertrip, den wir im Februar machten; sondern eine kurzentschlossene Reise von mir und meinem Bruder mit Papa. Es sind viele Jahre vergangen, seit wir zuletzt in dieser Konstellation zusammen Zeit verbracht hatten. Es zog uns ans Meer und an die Wärme. Auf einen Fernflug wollten wir verzichten und so waren die Kanarischen Inseln naheliegend. Wir erkundeten die Insel Gran Canaria mit einem Mietauto für neun Tage. Da von uns dreien nur ich angefressener Fischer bin, orientierte sich unsere Tour nicht (nur) an der Fischerei. Der von mir eingebrachte Fokus aufs Wasser entpuppte sich schliesslich für das ganze Reisetrio inklusive Nichtfischer als Bereicherung. Zum einen, weil gute Fischerplätze oft an besonders schönen Orten lagen, und zum anderen, weil unser Speiseplan aufgewertet wurde.
An der Küste
Am einfachsten zu realisieren ist für mich die Spinnfischerei vom Ufer aus in der Nähe der Unterkünfte. Bei unserer ersten Station in Puerto de Mogán hat es eine vielversprechende kleine Mündung voller Meeräschen. Mir gelingen dort an zwei Morgenrunden eine Handvoll aggressiver Eidechsenfische und einige Hornhechte. Einen Versuch im grossen Hafenbecken des Ortes starte ich spätabends im Schein von Lampen und beobachte dabei einen vorbeischwimmenden Barrakuda. Leider kann ich ihn mit meinem schlanken Wobbler nicht überzeugen. Darauf entdeckt mich ein Wachmann und schickt mich weg. Hier wie auch an allen Häfen der Inseln ist die Fischerei leider nicht gestattet. An unserer nächsten Station in Puerto de las Nieves hat es eine grosse Hafenmole aus riesigen Zementblöcken, die weit hinaus und nahe an tiefes Wasser führen. Auf der Aussenseite darf man bei einer herrlichen Kulisse und einem tiefblauen Meer fischen. Doch der Platz hält nicht, was er zu versprechen scheint. Ich mache ergebnislos einen weiten Wurf nach dem anderen mit allem, was meine Köderbox hergibt, von der Oberfläche bis an den Grund. Erfolgreicher sind hier die Einheimischen, die grosszügig mit aufgeweichtem Brot und Fischstücken anfüttern, um schliesslich mit Teigkugeln oder Crevettenstücken am Zapfen Brassen und Meeräschen zu landen. Wie ich von ihnen erfahre, kommt es regelmässig vor, dass grosse Räuber hier in Ufernähe jagen und sich auch mit Kunstködern fangen lassen. Einer zeigt mir ein Handyfoto von einem sehr grossen Blaufisch, den sie hier «Pejerrey» nennen, König der Fische. Nur gerade jetzt, wo ich da bin, scheint der König nicht da zu sein, was solls. Vielleicht erhalte ich Audienz bei anderen Räubern.
Entdeckungen im Landesinneren
Während wir mit dem Wagen das Inselinnere erkunden, halte ich Ausschau nach Süsswasser. Schliesslich treffen wir nach etlichen Kurven und einer Höhendifferenz von 1100 Metern beim Stausee «Presa de Las Niñas» ein.
Wir parkieren an einem schönen Rastplatz mit Pinien am See und geniessen das Grün, das hier im Gegensatz zur deutlich trockeneren Küste reichlich vorhanden ist. Das Wasser riecht förmlich nach Forellenbarschen und ich kann es kaum erwarten, einen Popper mitten in eine Gruppe versunkener Büsche zu werfen. Tatsächlich wird bereits mein zweiter Wurf von einer explosiven Attacke quittiert und ich kann ein amerikanisches Grossmaul landen. Während mein Vater und mein Bruder eine imposante Pinie namens «Árbol de Casandra» besuchen, folge ich lieber dem Ufer und geniesse das Fischfieber.
Der Bestand und die Durchschnittsgrösse der Forellenbarsche sind hier offensichtlich gut. Einen grossen Fisch über 40 cm verliere ich nach einem Sprung direkt vor den Füssen, kann aber etliche gute Exemplare landen. Die paar Stunden Bassfischerei lassen mich die erfolglosen Uferversuche am Meer wieder vergessen. Von nun an will ich jeden Flecken Süsswasser auf unserer Route besuchen. Und tatsächlich sind fast in jedem Gewässer Bass anzutreffen. Aber eben nur fast: In einem sehr hübschen Wasserreservoir finde ich wider Erwarten nur Karpfen. Ein räuberisches Exemplar schlürft trotzdem den Oberflächenköder ein und sorgt für Action. Als Karpfenfischer kommt man hier wohl überall auf seine Kosten.
Auf dem Meer
Um meinem Glück beim Meeresfischen etwas nachzuhelfen, machen wir mit einem professionellen Guide eine Ausfahrt. Mit Pedro Betancor nimmt uns einer der eher dünn gesäten Charterkapitäne der Insel für einen Vormittag an Bord. Vor zehn Jahren hat Pedro seine Arbeit als Logistikmanager an den Nagel gehängt, um sich mit einer Fischerjacht als Anbieter von Fischertouren selbstständig zu machen. Kurz nachdem wir mit dem Schiff aus dem Hafen von Pasito Blanco hinausgefahren sind, kann ich mit meiner Reiserute einen Wobbler schleppen. Es dauert nicht lange und ein heftiger Biss fährt in mein Handgelenk. Nach einem starken Drill landen wir den ersten Bonito.
Danach fahren wir noch etwas weiter und befestigen das Boot an einer Boje, um während rund zweier Stunden stationär zu fischen. Langweilig wird uns dabei nicht, denn es ist viel los im Wasser. Pedro gibt uns zwei leichte Ruten mit einer Grundbleimontage und Tintenfischstücke als Köder. Kaum haben wir die Montage heruntergelassen, zupft es hektisch an den Rutenspitzen und kleine Gelbstriemenbrassen hängen an den Haken. Während zwei davon als Lebendköder an Luftballons als Schwimmer ausgeworfen werden, fischen wir mit den Naturködern weiter. Plötzlich spüre ich eine Gegenwehr, die deutlich über einen Köderfisch hinausgeht. An der leichten Rute und der fein eingestellten Bremse dauert es eine ganze Weile, bis eine prächtige Rotbrasse an der Oberfläche Flanke zeigt. Kaum haben wir sie vorsichtig an Bord gehoben, ist einer der beiden Ballons in heftige Bewegung geraten und zieht seitlich vom Boot weg. Was mag den Köderfisch geschluckt haben? Es ist der erste von sechs Bonitos, die sich auf die kleinen Fische stürzen. Es gibt auch Fehlbisse und die Köfis werden von den Haken gepflückt, sodass wir ständig mit der Grundmontage weiterfischen, um ausreichend Nachschub zu haben. Nebst einigen starken Rotbrassen interessieren sich auch kleine Plattfische und ein Kugelfisch für die Proteinhappen. Auf einmal verschwindet ein Ballon ganz unter Wasser und als wir schliesslich die langgezogene und gestreifte Silhouette im tiefblauen Wasser glänzen sehen, erkennen wir den guten Barrakuda. Mit diesem schönen Fisch beenden wir die Ausfahrt und machen uns auf den Rückweg. Pedro lässt mich erneut schleppen, worauf es noch einen kleineren Barrakuda gibt. Wir fragen Pedro, was er mit den Fischen seiner Gäste macht. Verkaufen darf er sie nicht – und so pflegt er sie an Familie und Bekannte zu verschenken. Wir gönnen uns einen der Bonitos und die grösste Rotbrassen. Die Fische lassen wir am letzten Abend in einem Restaurant auf lokale Art grillieren. Ein köstlicher Abschluss für uns alle!
Fischer-Info
Das Patronato de Turismo informiert unter grancanaria.com.
Pedro Betancors Angebote und Kontakt für die Meeresfischerei sind unter fishonbluemarlin.com zu finden. Karpfen- und Schwarzbarschfischen kann unter costadelcarping.com gebucht werden. Wenn eine geführte Tour gebucht wird, braucht man keine Fischereilizenz zu organisieren.
Die «Licencia de Pesca» für das Meer oder Süsswasser als Individualreisender kann an Werktagen beim Gobierno de Canarias Ed. de Usos Múltiples II an der Calle Profesor Agustín Millares Carlo Nr. 18, E-35003 Las Palmas mit einem Personalausweis und gegen Bezahlung mit einer Kreditkarte persönlich eingeholt werden.
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