Litzenfischen neu entdeckt
10 | 06 | 2020 PraxisText & Fotos: Ruben Rod 46173
10 | 06 | 2020 Praxis
Text & Fotos: Ruben Rod 4 6173

Litzenfischen neu entdeckt

Das «Litzeln» ist eine altbewährte Fischereimethode vom Boot aus, die zunehmend in Vergessenheit gerät. Zu Unrecht, findet «Petri-Heil»-Redaktor Ruben Rod und hat diese Technik für sich neu entdeckt. Sie lässt sich gut kombinieren mit modernen Gummiködern.


Zum ersten Mal begegnet sind mir die Kupferlitzen am Zürichsee. Im Frühsommer sind es immer wieder dieselben paar Boote mit alteingesessenen Fischern, die ganz langsam in Ufernähe bestimmte Strecken abfahren. Von Hand wird dabei die markant glänzende Litze hinter dem Boot gezupft. Als Köder kommen klassischerweise grosse «Nuggis» zum Einsatz. Auf den ersten Blick scheint mir diese Technik ziemlich antiquiert und zu grob, um damit heutzutage noch scheue Egli zu überlisten. Doch ich staune nicht schlecht, was schliesslich am Ende des Fischertages bei den Litzenfischern an Bord landet, während ich an den gleichen Stellen mit Finesse-Rigs nicht mal eine Handvoll Fische anfasse. Ich besorge mir Litzen und will es auch wissen.

 
Ein alter Hut

Das Prinzip des Litzenfischens lässt sich wie folgend zusammenfassen: Durch die eigenschwere Litze als Hauptschnur kommt man ohne Schleppgewichte auch mit leichten Ködern in tiefes Wasser und kann bei langsamer Fahrt hängerfrei direkt am Grund in fünf bis acht Metern Tiefe schleppen. Dass die Litze dabei auch für Turbulenzen sorgt und Sediment aufwühlt, ist keineswegs ein Nachteil. Das zieht Raubfische an und mittendrin erscheint plötzlich der gezupfte leichte Köder am monofilen Vorfach. Aber das ist längst nicht alles. Beim Recherchieren stelle ich fest, dass in den USA die Schleppfischerei mit «Leadcore Line», also einer Bleischnur, populär ist. Dort werden die schweren Schnüre an Ruten mit grossen Multirollen anstelle von Handleinen eingesetzt. Und zwar nicht nur zur Fischerei am Boden, sondern zum Schleppen von leichten Wobblern und Löffeln im Freiwasser. Als Orientierungshilfe sind die amerikanischen Bleischnüre in verschiedenfarbige Abschnitte eingefärbt, um zu wissen, wie viel Leine draus­sen ist. Je weiter raus, desto tiefer geht der Köder. Ich besorge mir eine solche Bleischnur und will sie zum Litzenfischen adaptieren.


Anpassungen

Als ich zum ersten Mal mit der Bleischnur litzeln will, nerve ich mich erst mal und kann damit gar nicht recht fischen. Denn so einfach von Hand führen und auf den Boden fallen lassen wie die klassischen Kupferlitzen kann man diese Schnur nicht. Wie ein Draht verbiegt sie sich und bildet sofort hässliche Knoten. Mit etwas Übung und mithilfe einer Handrolle für Flugdrachen gelingt es mir schliesslich, die Bleischnur von Hand wie eine Litze zu fischen. Die Sinktiefe ist dabei vergleichbar mit Kupferlitzen, doch die dünnere Bleischnur ist deutlich unauffälliger und ich verzichte auf das üblicherweise sehr lange monofile Vorfach. Stattdessen begnüge ich mich mit nur ein paar Metern abriebfestem 0,30er-Fluorocarbon und spüre das Geschehen am Grund deutlich besser. Die Bisse kommen hart und man muss darauf achten, die Leine durch die Finger rutschen zu lassen, damit die Fische nicht ausschlitzen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und montiere die Bleischnur auf eine passende Laufrolle an einer kurzen Rute. Damit gelingt es mir besser, die Bisse zu verwerten und die Räuber behutsam einzuholen. Auch der Umgang mit der heiklen Bleischnur hat sich damit vereinfacht. Ein Nachteil davon ist der erhöhte Zeitaufwand, bis Leine und Köder abgewickelt sind. Die Kupferlitzen lassen sich vergleichsweise schnell und unkompliziert von Hand ins Wasser werfen, was bei hoher Bissfrequenz ein klarer Vorteil ist. Inzwischen nutze ich beides: Die Bleischnur an der Rute zum Fische-Suchen und die Kupferlitze an der Handleine, wenn es schnell gehen muss.

 Die klassischen Kupferlitzen werden von Hand gefischt und auf einer Holzspule aufgewickelt.

Die klassischen Kupferlitzen werden von Hand gefischt und auf einer Holzspule aufgewickelt.

 Litzen mit Blei verbiegen sich wie Draht und erfordern ein vorsichtiges Handling. Will man sie von Hand wie eine klassische Litze fischen, bietet sich eine runde Handrolle an.

Litzen mit Blei verbiegen sich wie Draht und erfordern ein vorsichtiges Handling. Will man sie von Hand wie eine klassische Litze fischen, bietet sich eine runde Handrolle an.

 Wichtig ist der Übergang von der Blei- oder Kupferlitze zum monofilen Vorfach. Da die Leine über den Boden geschleift wird, ist es wichtig, jegliche Widerstände zu vermeiden und Unebenheiten mit einem Schrumpfschlauch abzudecken. Ein Wirbel verhindert Schnurdrall.

Wichtig ist der Übergang von der Blei- oder Kupferlitze zum monofilen Vorfach. Da die Leine über den Boden geschleift wird, ist es wichtig, jegliche Widerstände zu vermeiden und Unebenheiten mit einem Schrumpfschlauch abzudecken. Ein Wirbel verhindert Schnurdrall.

 Noch besser gelingt der Umgang mit der Bleischnur, wenn sie auf einer Laufrolle an einer kurzen Rute montiert ist. Gut bewährt haben sich Twister und schlanke Köder, die sich beim Zupfen nicht um die eigene Achse drehen.

Noch besser gelingt der Umgang mit der Bleischnur, wenn sie auf einer Laufrolle an einer kurzen Rute montiert ist. Gut bewährt haben sich Twister und schlanke Köder, die sich beim Zupfen nicht um die eigene Achse drehen.

 Dieser Kraut-Rehlig hat dem langsam durch die Wasserpflanzen geschleppten Gummi an der Litze nicht widerstehen können.

Dieser Kraut-Rehlig hat dem langsam durch die Wasserpflanzen geschleppten Gummi an der Litze nicht widerstehen können.


Mein neuer Joker

Inzwischen habe ich das Litzenfischen zu einem festen Bestandteil meiner Ausrüstung gemacht. Ich verdanke dieser Technik etliche schöne Fische, insbesondere gros­se Egli. Vor allem im Frühsommer, wenn die Fische in Bodennähe in flachere Bereiche vordringen, funktioniert das Litzeln sehr gut. Dank Offsethaken lassen sich die Gummis auch mitten im Kraut oder über hindernisreichen Untergrund fischen. Damit fängt man vielfach auch dann noch Fische, wenn sich mit der Rute nichts ausrichten lässt. Auffallend oft sind es besonders schöne Egli, die sich den über den Boden geschleiften Köder pflücken. Manchmal ist es auch ein Hecht. Und ich kann mir gut vorstellen, dass diese Technik ebenso auf Zander funktioniert. Als nächstes will ich die Bleischnur an der kurzen Rute dazu einsetzen, um leichte Wobbler und Spinner im Freiwasser auf Tiefe zu bringen, so wie es die Amerikaner tun.

 

4 Kommentare


Lennie

21 | 02 | 2021

Salut Ruben. Vielen Dank für deine sehr hilfreichen Ausführungen. Wie verbindest du die Litze mit dem Wirbel? Was für einen Knoten verwendest du?

Antworten an: Lennie

Ruben

21 | 02 | 2021

Hallo Lennie! Deine Frage zeigt, dass Du dich mit dem (Blei)Litzenfischen wirklich auseinandergesetzt hast und es bereits selbst umgesetzt hast. Das freut mich:-) Für die Verbindung von Wirbel zur Bleilitze behelfe ich mich mit einem Trick, da die Litze zu dick ist zum direkt an den Wirbel anknoten: ich mache einen einfachen Knopf in das Ende der Litze und binde dann ein kurzes Stück Monofile oder Geflochtene mit einem Plättchenhakenknoten an die Litze. Mit dem dünnen Fadenstück knote ich schliesslich den Wirbel an und überziehe das ganze schliesslich mit einem Gummi- oder Schrumpfschlauch (siehe Foto im Artikel). Hoffe dieser Hinweis hilft Dir und wünsche Petri!


Bruno Bollier

19 | 07 | 2021

wo kann ich kupferlitze kaufen


Ruben

28 | 07 | 2021

Kupfer- oder Bleilitzen kann man beim Fischereiartikelhändler beziehen oder bestellen. Kommt man damit nicht weiter, kann man auch online aus den USA mit dem Stichwort „Leadcore Fishing Line“ Bleischnüre finden und bestellen. Das kann jedoch eine Weile dauern und ist nicht unbedingt billiger, da für entsprechend schwere Pakete hohe Fracht- und Zollgebühren fällig werden. Diese sind beim Bestellvorgang nicht offensichtlich und stellen sich erst beim Erhalt des Pakets heraus (zusätzliche aufgeklebte Rechnungen).


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