Spanische Tiger [| Egli im Ebro-Stausee]
15 | 07 | 2021 ReisenText & Fotos: Carsten Arbeiter 07246
15 | 07 | 2021 Reisen
Text & Fotos: Carsten Arbeiter 0 7246

Spanische Tiger | Egli im Ebro-Stausee

Die Ebro-Stauseen bei Mequinenza sind bekannt für schwere Welse, viele Zander, Forellenbarsche – und grosse Egli. Besonders auf letztere haben wir es abgesehen. Mit verschiedenen Kunstködern wollen wir ihnen im spanischen Sommer zu Leibe rücken.


Wie gut es nach anderthalb Jahren Corona tut, wieder in den Urlaub zu fahren! Schon hinter Lyon weichen Wolken und Regen und die Sonne lacht uns entgegen. Spanien, wir kommen! Und auch wenn das ehemalige Bergarbeiterdorf Mequinenza mit seinen schlichten, funktionalen Bauten und den mächtigen, über den schmutzigtrüben Rio Segre führenden Stromtrassen auf den ersten Blick nicht gerade heimelig ist: Bei Sonnenschein und Badehosenwetter sieht alles irgendwie hübsch aus. Ausserdem platscht es während unserer Fahrt über die Brücke unter uns: Die grossen Karpfen sind mit dem Laichspiel beschäftigt. Oder sind das raubende Welse?


Zwei Stauseen aneinander

«Zurzeit ist die Fischerei im oberen Stausee besser als unten», meint unser Guide. Das ist das Gute an Mequinenza: Der Ort liegt direkt unterhalb der Staumauer, welche die beiden Stauseen voneinander trennt, und je nachdem, wo es gerade besser läuft, kann man sein Boot entsprechend verlegen lassen. Ist es an beiden Seen gut, wählt man aus, was man möchte: Im oberen Caspe-Stausee sind die Egli- und Zanderbestände besser, dafür gibt es im unteren grössere Zander und Welse. Wir wählen den oberen Stausee, auch deshalb, weil er landschaftlich schöner und das Wasser deutlich klarer und sauberer ist.

Dann gehts los. Das Boot unseres Guides Oli fliegt dank des 70-PS-Motors über die Weiten des Caspe-Stausees. Bewaldete Hänge, schroffe Steilwände und sanft abfallende Ufer wechseln sich ab. Kaum ein Haus in dieser spanischen Wildnis! Das Morgenlicht lässt das frische Grün der Wiesen und Bäume, die Ockertöne der Berge und das Blau des Sees intensiver erscheinen. Immer wieder zweigen verträumte Buchten ab. Es riecht nach Fisch. Milane und Gänsegeier kreisen überm Wasser. Mann, ist das schön hier. Und ja, ich bin «heiss wie Frittenfett»!

Wir haben Oli gebeten, uns möglichst viele geeignete Stellen fürs Spinnfischen auf Zander und Egli zu zeigen. Denn in den nächsten Tagen wollen wir auf eigene Faust los. Oli fährt uns etwa dreissig Kilometer seeaufwärts. An einem flach abfallenden Ufer stoppt er den Motor. Als das Rauschen der Wellen verebbt ist, ist es plötzlich ganz still. Kein Boot ist zu sehen, auch sonst nirgendwo ein Mensch. Spiegelglatt liegt der See bald vor uns. Ungläubig schüttle ich den Kopf. «Ihr habt Glück! Im letzten Jahr wurde kaum gefischt. Und es geht jetzt erst wieder langsam los mit dem Angeltourismus. Aber selbst in der Hochsaison verteilt sich der Befischungsdruck. Allein der obere Stausee ist über 100 Kilometer lang. Und Berufs­fischer gibt es keine.»

 Ein schöner Egli im Drill. Guide Oli Schier übernimmt die Landung.

Ein schöner Egli im Drill. Guide Oli Schier übernimmt die Landung.

 Aaron fischt markante Kanten ab.

Aaron fischt markante Kanten ab.

 Ein strammer Schwarzbarsch, der sich einen kleinen Egli am Zocker schnappte.

Ein strammer Schwarzbarsch, der sich einen kleinen Egli am Zocker schnappte.


Egli und Zander an den Steilkanten

An der ersten Stelle, einem sanft abfallenden Ufer, bekommen wir nur einen Biss auf Gummifisch. Auf das typische Tock eines Zanders reagiere ich zu spät.  Als nächstes halten wir an einer Sandbank, hinter der das Wasser steil abfällt. Wir montieren Zocker, und bald hat Oli einen kleinen Zander erwischt. Nach ein paar kleineren Egli ziehen wir weiter. Danach ist eine Steilkante dran. Fast senkrecht fällt sie in die Tiefe. Schon zehn Meter vom Ufer entfernt ist es fünfzehn Meter tief. Wir steuern langsam der Kante entlang und werfen 18-Gramm-Zocker immer wieder direkt vor die Steine. Dabei lassen wir nach dem Wurf den Zocker auf die Steine sinken, lupfen ihn dann mit der Rutenspitze aggressiv Richtung Oberfläche und lassen ihn an leicht gespannter Schnur die Kante hinabtaumeln. Ab und zu geben wir Schnur nach, bis der Köder wieder Grundberührung hat. Schon bald haken wir kleinere Egli. Nach zehn Minuten steigt bei Aaron ein 50er-Zander ein. Auf Zocker! Also wechsle ich zu Gummifisch, bekomme aber keinen Biss, während Aaron munter weiter kleine Egli und einen grösseren Zander mit dem Zocker hakt. Also steige ich wieder auf Zocker um – und hake gleich einen kleinen Egli. Beim Einkurbeln taucht ein grosser Schatten hinter ihm auf. Ich lasse die Schnur kurz locker, da verschwinden Zocker und Egli im Maul eines Forellenbarschs von mehr als einem halben Meter Länge – was für ein Auftakt!


Sternstunde mit Spin-Jig

Nur die grossen Egli haben wir noch nicht gefunden. Also fahren wir weiter. Als nächstes nehmen wir uns die Spitze einer Landzunge vor. Schon beim ersten Wurf hakt Aaron einen schönen Rehlig unmittelbar unterm Boot. «Probier das hier mal», meint Oli und reicht Aaron einen Jig-Spinner. Mit so einem Köder haben wir bisher noch nie gefischt. Der Köder besteht aus einem Blei in Fischform. Am Bauch hängt ein Drilling, am Schwanz ein Spinnerblatt. «Damit kannst du auch tiefe Kanten grundnah abfischen», erklärt Oli. Nach dem Wurf lässt Aaron den Köder bis zum Grund sinken, kurbelt dann acht bis zehn Umdrehungen ein und lässt den Köder erneut an gespannter Schnur absinken. Wir erleben eine Sternstunde mit einem Egli über 45 Zentimeter, vier über 40 und noch einmal sechs über 30 Zentimeter. Und was das für Egli sind! Dunkelgrüne, kugelrunde, fettgefressene spanische Tiger?… «Das ist auch für den Ebro nicht ganz alltäglich», grinst Oli. Einen Satz von diesen Jig-Spinnern werde ich ganz sicher mit an den Bodensee nehmen.

 Die morgendliche Fahrt zu den Hot Spots ist ein Genuss.

Die morgendliche Fahrt zu den Hot Spots ist ein Genuss.

 Aaron mit tollem Zander, auf Zocker gefangen.

Aaron mit tollem Zander, auf Zocker gefangen.

 Mittags war es oft so heiss, dass wir eine Badepause mit Picknick einlegten.

Mittags war es oft so heiss, dass wir eine Badepause mit Picknick einlegten.

 Aaron mit fettem Rehlig.

Aaron mit fettem Rehlig.


Schwärme wie Gewitterwolken

Auch in den nächsten Tagen fangen wir nicht wesentlich schlechter. Der Fischreichtum ist der reine Wahnsinn: Hält man irgendwo an, dauert es nur wenige Minuten, bis ein Schwarm Lauben oder Rotaugen unterm Boot steht. Auf dem Echolot sind Schwärme zu entdecken, die fast so gross wie Gewitterwolken sind. Wenn ich da an die leeren Wasserwüsten des Bodensees denke, wird mir richtig wehmütig zumute! Das Eglifischen ist ausgesprochen abwechslungsreich. Mal nehmen wir den Zocker, mal die Jig-Spinner, mal Gummifische. Mit letzteren erwischen wir auch einige schöne Zander. Einige unserer Zander und Egli hatten Kamberkrebse in Maul und Magen. Also fischen wir auch grosse Creature-Baits am 2/0er-Offset-Haken. Das funktioniert gut, allerdings bleibt das Patronenblei oft zwischen den Steinen hängen.


Faktor Befischungsdruck

Fängt man einen grossen Egli, sind in der Regel mehrere vor Ort. Meist stehen die grossen Rehlig zwischen handlangen Egli. Steilwände und abfallende Kanten sind immer gut. Nicht ganz so markant aussehende Plätze sind oft besser, weil sie nicht so intensiv befischt werden. Denn auch wenn der Befischungsdruck nicht vergleichbar mit Schweizer Gewässern ist und Berufsfischer fehlen, reagieren die Fische sensibel. Haben wir eine fischige Stelle entdeckt, fahren wir sie mit dem E-Motor langsam ab. Erwischen wir einen guten Egli oder Zander, aktivieren wir die Ankerfunktion und fischen den Platz systematisch mit Zockern, Gummis oder Jig-Spinnern ab. Hat man einige gute Fische gefangen, empfiehlt es sich auch, sie stunden- oder gleich tageweise in Ruhe zu lassen, damit die Fische ihre Scheu wieder verlieren und am Platz bleiben. So fängt man mehr, als wenn man gleich allzu gierig ist. Noch ein Tipp zum Schluss: Buche für die ersten Tage unbedingt einen Guide! Wie überall, können sich die Bedingungen täglich ändern. Auch wenn man sich einiges selbst erschliessen kann: Die Guides kennen die zahllosen Buchten und Kanten des Sees wie ihre Westentasche. Ausserdem ist es stets so lehrreich wie unterhaltsam, mit einem Profi einen Angeltag zu verbringen. 


Fischer-Info

Unterkunft und Boot

Es gibt einige Lodges an den Ebro-Stauseen. Wir waren bei Urlaub nach Mass in Mequinenza untergebracht (urlaub-nach-mass.de) und rundum zufrieden. Die Lage ist günstig: Man ist schnell zum Einkaufen und Essen im Städtchen, zur Marina am Ribo Roja sind es mit dem Auto fünf Minuten, zur Marina am Caspe-Stausee etwa 10 Minuten. Zu jedem Apartment gehört ein Boot mit 10-PS-Motor. Damit kommt man auf dem unteren Stausee ganz gut zurecht, doch wer weitere Strecken zurücklegen möchte, dem sei unbedingt eines der Carolina Skiffs mit stärkeren Motoren empfohlen (gegen Aufpreis, frühzeitige Buchung wichtig). Die Apartments mit Küche sind sauber, funktional, sehr geräumig und mit Gefriertruhen versehen. Auf der gepflegten Anlage gibt es einen Fischputzplatz. Der Service ist sehr gut und zuverlässig: Je nach Wunsch werden die Boote per Trailer verlegt; gibt es Probleme, wird einem umgehend geholfen. Inhaber Oli Schier ist per Handy immer erreichbar. Guides, Angeltouren mit Kanu oder Driftboot können gebucht werden (siehe Website). Und nein, ich bekomme keine
Vergünstigungen für das Lob!


Tageskarten

Seit diesem Jahr ist der Einsatz von lebendem und totem Köderfisch an beiden Stauseen verboten.
Auch gibt es inzwischen eine Catch & Release-Tageskarte (6€) und eine Entnahmekarte (20 €).

 

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