Erfolgskontrolle bei Revitalisierungen
09 | 06 | 2025 DiversesText & Fotos: Nicolas Helm 0575
09 | 06 | 2025 Diverses
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Erfolgskontrolle bei Revitalisierungen

Revitalisierungsprojekte sind wichtig­, um die Gesundheit und Biodiversität unserer Gewässer zu verbessern und zu erhalten. Die für die Akzeptanz zukünftiger Projekte entscheidende Erfolgskontrolle wird jedoch nicht systematisch durchgeführt. Der Beitrag zeigt auf, wie eine praxisorientierte Erfolgskontrolle gestaltet werden kann.


In den vergangenen Jahren wurden sowohl in der Schweiz als auch international eine Vielzahl von Projekten zur Revitalisierung von Gewässern durchgeführt. Die Bandbreite reichte dabei von kleinen Bächen bis hin zu grossangelegten Umbauten wie der Sihl in Zürich.

Im Rahmen meiner Maturitätsarbeit konnte ich die im Jahr 2023 durchgeführte Revitalisierung am Geisslibach im Thurgau, die in enger Zusammenarbeit mit den Geisslibach-Fischern durchgeführt wurde, näher betrachten. Ziel meiner Arbeit war die Untersuchung der Verbesserung der Biodiversität.

Ein zentraler Aspekt vor der Umsetzung von Revitalisierungsmassnahmen ist der Einbezug relevanter Interessengruppen wie beispielsweise Anwohner, Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, örtliche und kantonale Verwaltungen sowie Verbände. Aufgrund der verschiedenen, sich teils ausschliessenden Interessen, sind typischerweise langwierige Diskussionen erforderlich. Der Abstimmungsaufwand ist dabei abhängig vom Umfang der Revitalisierungsmassnahme sowie von der Anzahl der einzubeziehenden Gruppen und deren Interessen.

Ein wesentlicher Faktor in diesen Diskussionen sind die (positiven) Ergebnisse anderer, im Idealfall vergleichbarer, Projekte. Liegen diese vor, fällt es den Initiatoren von Revitalisierungsprojekten leichter, Bedenken und Widerstände gegen eine geplante Massnahme abzumildern oder im Idealfall ganz auszuräumen.

Es ist deshalb überraschend, dass Erfolgsevaluationen von Revitalisierungsprojekten nicht regelmässig und in einer standardisierten Form durchgeführt werden. Dies trifft jedoch nicht nur für die Schweiz zu: Eine vom deutschen Umweltbundesamt herausgegebene Studie zeigt, dass lediglich bei 77 von 227 Projekten Erfolgsevaluationen durchgeführt wurden und die Ergebnisse meist nur eingeschränkt vergleichbar sind.

 Erfolgskontrollen werden noch immer stiefmütterlich behandelt, dabei sind sie für Folgeprojekte extrem wertvoll.

Erfolgskontrollen werden noch immer stiefmütterlich behandelt, dabei sind sie für Folgeprojekte extrem wertvoll.


Wie sollte eine Erfolgskontrolle gestaltet werden?

Um eine Erfolgskontrolle von Revitalisierungsprojekten zielgerichtet und sinnvoll durchführen zu können, sollten die folgenden Bausteine im Projektplan eingeplant und erarbeitet werden:


Zielsetzung:
  Die grundsätzlichen Zielsetzungen werden bereits während der Planung eines Revitalisierungsprojekts definiert und spätestens im Rahmen der Genehmigung des Projekts mit den Beteiligten abgestimmt. Je nach Projekt können diese Ziele sehr unterschiedlich ausfallen. Neben ökologischen Zielen, wie der Förderung der Biodiversität, können auch Aspekte wie ein verbesserter Hochwasserschutz relevant sein. Für ein erfolgreiches Revitalisierungsprojekt und eine transparente Erfolgskontrolle müssen die Ziele zu Beginn des Projekts klar definiert sein.


Kriterien zur Beurteilung:
  Um überprüfen zu können, ob die Zielsetzung erreicht wurde, müssen objektiv messbare Kriterien in engem Zusammenhang mit den Projektzielen definiert werden.

Beispielsweise lässt sich das Ziel der Erhöhung der Biodiversität auf verschiedene Kriterien abstützen. Hier bieten sich etwa die «Entwicklung des Bestands der Wirbellosen» wie Bachflohkrebse oder auch die «Entwicklung der Anzahl der Vogelarten» im und am Gewässer als Kriterien an.


Methoden zur Messung der Kriterien:
  Um die Vergleichbarkeit der Messergebnisse zu gewährleisten, sollten die definierten Kriterien immer mit den gleichen Methoden gemessen werden. Deshalb müssen die Methoden bereits vor Beginn der Erfolgskontrolle festgelegt werden.

Am Beispiel des Bestands an Wirbellosen müssen neben der Art und Weise der Feststellung des Bestands auch Faktoren wie der Standort im Gewässer und die Jahreszeit, zu welcher die Messung durchgeführt wird, klar definiert werden und bei den nachfolgenden Messungen berücksichtigt werden.


Nullmessung vor Beginn der Massnahme:
  Veränderungen im Zustand des Gewässers oder der Umwelt können nur dann objektiv und nachvollziehbar festgestellt werden, wenn die gewählten Kriterien ein- oder mehrmals vor der Umsetzung gemessen werden. Dafür wird eine «Nullmessung» durchgeführt. Spätere Messergebnisse werden mit dieser Nullmessung verglichen, wodurch treffsicher Veränderungen festgestellt werden können. Selbstverständlich ist eine saubere Dokumentation der Ergebnisse und Methodik der Messungen erforderlich, um die Transparenz der Erfolgskontrolle zu erhöhen.

Dem obigen Beispiel folgend, würde vor Projektbeginn der Bestand der Wirbellosen ermittelt und dokumentiert werden, dabei sollten Aspekte wie Gewässerabschnitt, Datum und auch Parameter wie die Wassertemperatur festgehalten werden.


Kontrollmessungen nach Abschluss der Massnahme:
  Nach Durchführung des Revitalisierungsprojekts sollten die definierten Kriterien erneut mit den gleichen Methoden wie bei der Nullmessung gemessen werden. Um die Aussagekraft zu erhöhen und auch längerfristige Veränderungen feststellen zu können, ist es sinnvoll, die Messung über mehrere Jahre nach dem Revitalisierungsprojekt zu wiederholen und zu dokumentieren.

Im Beispiel würde der Bestand der Wirbellosen über drei Jahre hinweg nach Abschluss des Revitalisierungsprojekts mit den definierten Methoden gemessen und dokumentiert werden.


Auswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse:
  Um eine Aussage zum Erfolg einer Revitalisierungsmassnahme tätigen zu können, müssen die gesammelten Daten ausgewertet werden. Hierbei werden die Daten der Nullmessung mit den späteren Messdaten verglichen und Veränderungen dokumentiert.

Aus der Gesamtsicht der Veränderungen kann dann eine gesamthafte Bewertung der Massnahme abgeleitet und dokumentiert werden.

 Die Analyse von Wirbellosen ist eine gute Methode zur Erfolgskontrolle.

Die Analyse von Wirbellosen ist eine gute Methode zur Erfolgskontrolle.


Wie sollte eine Erfolgskontrolle organisiert werden?

Für zukünftige Projekte wäre es sehr sinnvoll, dass systematische Erfolgskontrollen im Projektablauf geplant und eingeführt werden. Dies hätte neben einer verbesserten Akzeptanz bei den beteiligten Gruppen auch noch den weiteren Vorteil, dass man von den durchgeführten Projekten lernen und zukünftige Projekte zielgerichteter gestalten kann.

Damit Erfolgskontrollen zur Steigerung der Akzeptanz von Revitalisierungsprojekten verwendet werden können, wäre es sinnvoll, eine nationale oder internationale Datenbank anzulegen, in welcher die Massnahmen und deren Erfolg dokumentiert sind und auf die Projektinitiatoren und andere interessierte Kreise zugreifen können.

Weil eine Erfolgskontrolle sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen erfordert, stellt sich die Frage nach der Kostentragung. Hier ist festzustellen, dass die Erfolgskontrolle dem eigentlichen Projekt keinen Mehrwert bietet, jedoch ein Nutzen für spätere Projekte sowie die Allgemeinheit entsteht. Falls diese verbesserte und systematische Art von Erfolgskontrollen von Revitalisierungsprojekten gewünscht ist, müssen Wege gefunden werden, wie die Kosten, welche gemäss einer deutschen Studie zwischen 5-10 % des Projektvolumens ausmachen, getragen werden können. Eine reine Verpflichtung, diese Erfolgskontrollen durchzuführen, ohne zusätzliches Budget bereitzustellen, würde weniger Revitalisierungsprojekte bedeuten und ist deshalb nicht zielführend. 

 

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