Dem Wels auf der Spur
12 | 06 | 2017 PraxisText & Fotos: Ruben Rod | Robin Hrovatic 07049
12 | 06 | 2017 Praxis
Text & Fotos: Ruben Rod | Robin Hrovatic 0 7049

Dem Wels auf der Spur

Beim fischereilichen Frühlings­erwachen im Mai denkt man vor allem an den Hecht. Das haben wir vor einem Jahr auch getan, als wir am Bürkliplatz erfolgreich den grossen Räubern nachstellten («Petri-Heil» 7/8 2016). Dass es hier aber auch einen anderen, sogar noch grösseren Räuber gibt, ist ein offenes Geheimnis: den Wels.


Es kursieren Storys von Zufallsfängen beim Setzangeln, von im Drill verlorenen Riesenfischen oder auch Taucherberichte von Welsbegegnungen im Zürichsee. Auch der im Sommer 2012 unter der Quaibrücke von Daniela Bevilacqua gefangene Wels macht immer wieder die Runde.
Ebenso wie viele andere Fischer haben wir uns immer wieder mal gesagt: «Auf Wels sollte man es echt mal probieren!», nur um dann wieder ein weiteres Fischerjahr den Verlockungen des gewohnten und ergiebigeren Fischens auf Egli, Felchen, Hecht & Co. nachzugeben...
Verflixt, meinen wir es denn ernst mit dem Wels oder belassen wir es einfach beim Träumen? Es ist höchste Zeit, den Mutmassungen Taten folgen zu lassen und einen gezielten Versuch auf Wels am Zürichsee zu starten!


Auf der Suche nach Infos

Wir recherchieren mögliche Standplätze und Montagen, fragen in Fischerkreisen herum und holen uns Tipps von Wels-Spezis. Obwohl die Chancen am Murten- oder Bielersee sowie auch am Bodensee besser sein dürften als am Zürichsee, beschliessen wir, den Versuch trotzdem an unserem «Hausgewässer» zu starten. Wir planen, mit dem Boot ins Seebecken zu fahren und es dort vor dem mutmasslichen Hotspot am Bürkliplatz zu versuchen. Vom Ufer aus ist es nicht möglich, dort abends zu fischen. Am Stadtzürcher Seebecken ist das Fischen nur bis 19 Uhr auf der Brücke und bis 21 Uhr auf den drei Stegen erlaubt. Nicht nur Autofahren gestaltet sich in der Stadt Zürich recht umständlich – auch das Streetfishing…
Als wir nachmittags vom Ufer aus die möglichen Standplätze fürs abendliche Ankern des Boots ausspähen, ist es warm und sonnig. Noch deutet nichts auf das heftige Gewitter hin, das uns am Abend überraschen wird. Als wir um 19 Uhr das Boot startklar machen wollen, blinkt die Sturmwarnung und schwere Tropfen beginnen zu prasseln. Fischerkollegen auf dem See fahren bei heftigem Wellengang eiligst zurück zu ihren Bootsplätzen.


Dann halt vom Ufer aus

Was nun? Macht uns das Gewitter alle Vorbereitungen zunichte? Da wir nur diesen einen Abend haben, um gemeinsam den Wels-Versuch zu starten und diesen Bericht darüber zu schreiben, können wir den Angriff nicht auf einen anderen Abend verschieben. Wir disponieren um auf eine befischbare Uferstelle. Vom Seebad Käpfnach bei Horgen wird gemunkelt, dass sich Welse unter der schwimmenden Beckenanlage aufhalten. Dieses Gerücht scheint uns plausibel, da diese Stelle auch für schöne Egli- und Hechtfänge bekannt ist. Zudem wirkt das Schwimmbecken wie ein Ofen im See: Das Wasser des Schwimmbeckens ist auf 24 °C geheizt. Um unseren Frust wegen der erzwungenen Standortumstellung zu lindern, stellen wir uns vor, wie die wärmeliebenden Welse des Zürichsees von der Anlage regelrecht angezogen werden und sich zu dutzenden in den Spalten unter dem Becken tummeln. Ob etwas an diesen Fischerfantasien dran ist? Wir wollen es wissen!

 Ein Gewitter zieht auf über dem Zürichsee und zwingt uns, umzudisponieren. Statt mit dem Boot an den Bürkliplatz ins Seebecken zu fahren, müssen wir uns eine Stelle zum Uferfischen suchen.

Ein Gewitter zieht auf über dem Zürichsee und zwingt uns, umzudisponieren. Statt mit dem Boot an den Bürkliplatz ins Seebecken zu fahren, müssen wir uns eine Stelle zum Uferfischen suchen.

 Wir installieren uns am Ufer direkt in der Ecke beim Schwimmbecken des Sportbads Käpfnach bei Horgen. Es wird gemunkelt, dass sich unter dem beheizten Becken Welse aufhalten.

Wir installieren uns am Ufer direkt in der Ecke beim Schwimmbecken des Sportbads Käpfnach bei Horgen. Es wird gemunkelt, dass sich unter dem beheizten Becken Welse aufhalten.

 Zwei unserer vier Ruten bestücken wir mit Tintenfisch. Dass Welse die zähen Proteinbomben aus dem Meer mögen, liest man immer wieder.

Zwei unserer vier Ruten bestücken wir mit Tintenfisch. Dass Welse die zähen Proteinbomben aus dem Meer mögen, liest man immer wieder.

 Was zunächst nach einer Trüsche aussieht, entpuppt sich schliesslich als kleiner Wels. Kein Riesenfisch, aber doch der Beleg: Welse lassen sich auch am Zürichsee gezielt befischen.

Was zunächst nach einer Trüsche aussieht, entpuppt sich schliesslich als kleiner Wels. Kein Riesenfisch, aber doch der Beleg: Welse lassen sich auch am Zürichsee gezielt befischen.


Oktopus statt Tauwurm

Als wir beim Sportbad Käpfnach ankommen, ist gerade einiges los. Ein Wasserballmatch der Nationalliga A zieht zahlreiche Zuschauer an und es klatscht im Schwimmbecken, als ob es eine Lachsfarm wäre. Das Klopfen mit dem Wallerholz ersparen wir uns hier. Im Regen machen wir unsere Montagen bereit. Wir probieren es mit toten Köderfischen und mit einem Oktopus. Dass Welse die glibberigen Proteinbomben aus dem Meer mögen, liest man in den Welsforen immer wieder und ist für uns mit einem kurzen Abstecher in die Tiefkühlabteilung des Supermarkts sogar einfacher zu bewerkstelligen als das viel beschworene Tauwurmbündel.


Erfolg am Schluss

Wir fischen zu zweit mit je zwei Ruten. Drei davon auf Grund mit einer Laufblei-Montage und eine im Mittelwasser mit einer Abrissleine, direkt am Aussenrand des Bades montiert. Als alle Montagen im Wasser sind, beginnt das lange Warten. Den grossen Feumer legen wir sicherheitshalber auch schon mal bereit.
Der Wasserballmatch geht mit einem klaren Sieg für die Horgener zu Ende, die Zuschauer gehen zu ihren Autos oder spazieren nach Hause. Schliesslich werden auch die Lichter des Bades gelöscht und wir stehen alleine am dunklen See. Es tröpfelt nach stärkerem Regen immer noch und wir halten uns mit Erinnerungen an den kürzlich gemachten Norwegen-Trip bei Laune. Dabei vergeht die Zeit, ohne dass etwas passiert. Welse im Zürichsee, sind das einfach nur alles Gerüchte oder schlicht eine Riesenglückssache? Wir beginnen bereits abzuschliessen und uns mental auf eine Nullrunde einzustellen, als plötzlich ein Aluminiumstückchen als Bissanzeiger ins Wasser fliegt und auf der leichtesten Rute Schnur abgezogen wird. Der kleinste unserer Köder – eine Laube – hat einen Abnehmer gefunden! Nach einem kurzen und ziemlich energischen Drill platscht vor den Steinen etwas, das nach einer Trüsche aussieht… Moment mal, nein! Es ist tatsächlich ein Wels! Ein winziges Kerlchen. Aber unsere Freude ist riesengross. Wir können uns an dem Welslein kaum sattsehen und beschliessen diesen Welsabend, auch ohne grossen Fang, mit der Gewissheit: Da ist was im Kommen am Zürichsee!

 

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