29 | 12 | 2023 | Praxis | 1 | 3497 |
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Bootssicherheit:
Achtung Lebensgefahr!
An einem kalten Wintertag den eisigen Temperaturen trotzen und entspannte Stunden auf dem einsamen See geniessen: Das ist herrlich. Jedoch sind die Risiken der Bootsfischerei jetzt auch besonders hoch. Yanik Gsell fasst zusammen, wie die Sicherheit bestmöglich gewährleistet werden kann.
Die langen Nächte werden kälter und mit den tieferen Temperaturen kommen die Tage der dichten Nebelschwaden auf den Gewässern. Spätestens jetzt lohnt es sich, dass wir uns Gedanken über die Sicherheit an Bord machen.
Wetter beachten
Je nach Wetter ist mit meterhohen Wellen zu rechnen, manchmal auch nach einem windstillen Vormittag. Umso wichtiger ist es, vor der Ausfahrt immer die Wetterberichte zu checken und die Ausfahrten dementsprechend zu planen. Vor allem auf grossen Seen ist das unverzichtbar. Als Grundregel gilt: Je grösser ein See, desto grösser sind auch die möglichen Wellen. Wellen bauen sich in Windrichtung zunehmend auf und sind auf der dem Wind gegenüberliegenden Seeseite am grössten. Starke Winde kommen hierzulande meistens von (Süd-)Westen her; das Westufer ist also oft weniger von starken Wellen betroffen als das Ostufer.
Unbedingt zu beachten sind auch die gelb blinkenden Sturmwarnungen rund um den See. Je schneller sie blinken, desto zügiger sollten wir uns zurück in den Hafen begeben. Gerät man auf dem See trotzdem an plötzliche Winddrehungen, kabbeliges Wasser, schwarze Wolken und gar Blitze, sollte auf schnellstem Weg der nächste Hafen angesteuert werden. Kein Fisch ist es wert, das Risiko einer Havarie einzugehen.
Alles bereit?
Vergewissere Dich, dass Du einen vollen Benzintank an Bord hast und der Motor sich in einem guten Zustand befindet (Motorölstand in Ordnung, regelmässige Wartung). Ist es ein Motor mit elektrischem Starter, muss auch die Batterie aufgeladen und in Ordnung sein. Zur funktionierenden Bordelektronik gehören auch die Navigation mit Tiefenkarte und GPS. Vor allem in einem neuen und unbekannten Gewässer ist das sehr wichtig. In den flachen Gewässern Skandinaviens beispielsweise ist mit sehr vielen Untiefen zu rechnen.
Aber auch am Hausgewässer ist man bei plötzlichem Nebel ohne digitale Orientierung schnell aufgeschmissen. Ich nehme sogar zwei Smartphones mit, wenn ich alleine auf den See fahre. Sollte ein Gerät nicht funktionieren oder im dümmsten Fall ins Wasser fallen, bin ich nicht aufgeschmissen. Es ist hochgradig unangenehm, in Not zu sein und die Seerettung nicht alarmieren zu können. Hat man nur ein Handy dabei, sollte man dieses möglichst wassergeschützt versorgen (z. B. in einem Zip-Beutel) und nicht zu nahe am Bootsrand damit hantieren. Und nimm unbedingt eine Powerbank mit, um das Gerät nötigenfalls aufladen zu können! Gerade bei tiefen Temperaturen sinkt die Akkuleistung vieler Smartphones drastisch. Daher ist es auch besser, das Telefon auf sich zu tragen, wo es nicht zu stark abkühlt.
Schwimmwesten
Die Dinger retten Leben. Trage, wenn möglich, im Winter immer eine Schwimmweste auf dem Boot. Eine Kollision mit einem übersehenen Treibgut knapp unter der Oberfläche oder einer grossen Boje, ein abrupter Fahrtstopp, eine unerwartet heftige Welle und noch dazu eine dünne Eisschicht an Deck: Plötzlich bist Du im eisigen Wasser und wenns richtig beschissen läuft, fährt das Boot bei laufendem Motor ohne Dich weiter. Es gibt auch selbst aufblasbare Schwimmwesten, welche mit einer Gasdruckpatrone ausgestattet sind und sich bequem tragen lassen. Sobald diese Weste in Kontakt mit Wasser kommt, bläst sie sich innert Kürze auf. Damit auch diese modernen Schwimmwesten einwandfrei funktionieren, sollte man sie von Zeit zu Zeit beim Fachhändler überprüfen lassen. Und letztendlich bringt aber auch die beste und teuerste Schwimmweste nichts, wenn sie nicht auf den Träger passt und falsch angezogen wird.
Motorisierung
Bei unbeständigem Wetter ist es keine gute Idee, mit einem kleinen sechs oder acht PS-Aussenborder eine Überquerung auf einem grossen See zu wagen. Bereits für «nur» zwei Kilometer brauchst Du bei einem Schritt- oder Joggingtempo eine volle Viertelstunde oder halbe Stunde zur Bewältigung. Das ist in einem losbrechenden Sturm eine elende Ewigkeit! Dazu kommt, dass bei zunehmendem Wellengang und starkem Wind ein solches Boot weitgehend manövrierunfähig wird.
Eine stärkere Motorisierung ist auch eine Art Lebensversicherung, um das Boot auch in einem Unwetter zügig und sicher zurück in den Hafen zu bringen. Die Bootsprüfung und der grössere Aufwand für die Motorisierung ist an vielen Schweizer Seen sicher nicht verkehrt und bringt auch Vorteile beim Fischen unter guten Bedingungen. Fährst Du alleine auf den See, ist es sehr zu empfehlen, dass Du immer die rote Reissleine für den Notstoppschalter um Deinen Arm trägst, damit der Motor abschaltet und das Boot stehen bleibt, wenn Du über Bord gehst.
Alkohol und Licht
Nicht nur im Strassenverkehr wird man immer wieder darauf hingewiesen. Alkohol und Licht spielen auch auf dem Wasser eine zentrale Rolle. Dass es auf einem schwankenden Deck sinnvoll ist, seinen Gleichgewichtssinn nicht zu beeinträchtigen, versteht sich von selbst.
«Mach Dich sichtbar!» ist auf dem Wasser umso wichtiger, da man auf Wasserflächen die Kollisionsgefahr tendenziell unterschätzt. Ebenso ist Licht bei trüben oder dunklen Bedingungen auf dem Wasser Pflicht. Auch für andere Wassersportler ohne Licht wie Stand-Up-Paddler oder Schwimmern ist es entscheidend, Boote gut erkennen und nötigenfalls reagieren zu können, falls sie vom motorisierten Gefährt unbemerkt bleiben.
Mann über Bord
Erstmal gilt, Ruhe zu bewahren. Ist noch eine andere Person an Bord, wirft man der im Wasser befindlichen Person ein befestigtes Seil beziehungsweise eine daran befestigte Schwimmhilfe zu. Dann gilt es zu beachten, wie man die Person wieder an Bord bringt. Je nach Fahrzeug braucht es dazu eine Leiter oder eine Seilschlaufe. Bei kleinen Booten sollte die Bergung via Heck erfolgen, um ein seitliches Kentern zu vermeiden. Ist man alleine unterwegs, muss man sich im Voraus Gedanken machen, wie man wieder an Bord kommt und nötigenfalls präventiv eine Einstiegshilfe vorbereiten. Im eiskalten Wasser zu bleiben und nicht mehr an Bord gelangen zu können, ist fatal. Ist die durchnässte Person an Bord, sollte man sofort die Kleider entfernen und durch eine trockene Schicht ersetzen, sei das eine Decke oder die Jacke des Mitfahrers. Ein Set Reserve-Kleidung im geschlossenen Seebeutel macht so oder so Sinn, um Unterkühlungen im Fall einer Durchnässung zu vermeiden. Ist das Boot gekentert und treibt noch auf dem Wasser, ist es ratsam, sich daran festzuhalten und auf Hilfe zu warten. Zum Ufer zu schwimmen, ist riskant und nur dann sinnvoll, wenn man nahe genug ist.
Gute Anhaltspunkte für den Sicherheitscheck an Bord, Punkt für Punkt und in Abhängigkeit vom Bootstyp, geben die geltenden Vorschriften des Kantons Zürich für Wasserfahrzeuge.
Martin
Ein wichtiger Artikel, aber das Wichtigste wurde vergessen: Das Boot. Man sollte ein gutes Boot haben, am besten ein unsinkbares. Ich sehe sehr oft, sehr kleine Boote. Bei ein paar Wellen laufen die einfach voll. Gerade auf grossen Seen, wie bspw. Zürich-, Boden-, Bieler-, Neuenburgersee und co., sollte man ein Boot der Kategorie C haben. Diese Boote sind kippsicherer und bieten mehr Sicherheit, auch bei Wellen.
Die selbstaufblasenden Schwimmwesten kann ich nur empfehlen. Damit kann man prima fischen, auch werfen. Mit der Zeit merkt man gar nicht mehr, dass man sie trägt.