25 | 04 | 2014 | Praxis | Reisen | 0 | 8345 |
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Norwegische Monsterforellen
Lange Zeit hatte ich nie ernsthaft auf Salmoniden in Norwegen geschleppt. Keine Lust auf den ganzen Downrigger-Kram – mein Auto ist sowieso schon immer krachend voll – und wenn es mit dem Flieger in den hohen Norden geht, ist in Sachen Gepäck Schmalhans angesagt. Also bisher: nix schleppen. Vielleicht mal einen tief tauchenden Grosswobbler für Heilbutt oder Seelachs, aber das wars dann auch. Bis zu diesem Jahr…
Forellen-Fieber
Wir führten auch im letzten Mai wieder ein Heilbutt-Seminar am Skjerstadfjord bei Bodø durch. Das Seminar hat schon Kultcharakter und macht allen Beteiligten immer viel Spass. In den vergangenen Jahren wurden dabei vor allem beim Schleppen im flachen Wasser auf Heilbutt immer wieder vereinzelt schöne Meerforellen gefangen. Auch von Einheimischen wussten wir, dass der Bestand an wilden Forellen gut sei und auch die Durchschnittsgrösse der Fische stimmt. Doch die beste Forellenzeit beginnt im Juni den Sommer über – da sind wir schon wieder weg. Doch dieses Jahr kam alles ganz anders und eröffnete völlig neue Möglichkeiten für Norwegenangler. Beim Schleppen mit einem zehn Meter tief laufenden Rapala-Wobbler (Deep Tail Dancer) fingen zwei deutsche Angler eine Prachtforelle von exakt einem Meter Länge und 18 Pfund! Was für ein Fisch! Alle Angler im Fischercamp Arctic Seasport konnten sich nicht satt sehen an diesem herrlichem Fisch. Es war um den 20. Mai herum. Sollten die Forellen dieses Jahr früher kommen? Nun wurde ich wirklich heiss. Seit 25 Jahren leidenschaftlicher Meerforellenangler an deutscher und ?dänischer Küste, löste diese Mega-Forelle bei mir einen echten Schnappreflex aus. Dumm nur, dass meine Schleppausrüstung warm und trocken im Keller 2000 Kilometer weiter südlich vor sich hinschlummerte. Also lieh ich mir was zusammen: Zum Glück hatte jemand auch Apex-Kunststoffblinker dabei – meine absoluten Favoriten auch in der Ostsee. Dazu einen Bleiparavan (Tauchhilfe) und es konnte losgehen. An die andere Rute kam jener fängige Deep Tail Dancer ohne weitere Tauchhilfen, direkt ans monofile Vorfach (0,50 Millimeter). Auf den Rollen war Geflochtene gespult. Da man beim Salmoniden-Schleppen in Norwegen auch nur maximal zwei Ruten pro Boot schleppen darf, reichte diese Magerkost-Trolling-Ausrüstung vollkommen aus. Wir schauten, wo die Einheimischen schleppten – immer an der Nordkante des Fjords – und los gings. Das Forellen-Fieber war ausgebrochen.
Hängt!
Wir waren keine halbe Stunde unterwegs, da war schon die erste Rute krumm. Das konnte doch nicht schon eine Forelle sein? Tatsächlich: ein schöner Fisch von 63 Zentimeter. Wow! So einfach sollte das sein? Es war so einfach. Jeden Tag fingen wir unsere Forellen, obwohl wir nur maximal drei Stunden schleppten. Die übrige Zeit fischten wir auf Heilbutt, Steinbeisser und Dorsch. Am ersten Schlepptag rummste es auch noch mal so richtig: Eine herrliche Forelle von 90 Zentimetern und 16 Pfund blieb an meinem Köder hängen. Ein Traumfisch. Zwei Tage später gestaltete sich das Fischen schwieriger, auch die Einheimischen sah man selten bis nie zum Kescher greifen. Wir beschlossen, es über tieferem Wasser zu probieren. Sonst hatten wir, wie die Norweger, über 15 bis 40 Meter tiefem Wasser unter Land getrollt. Doch Dennis und Reiko, zwei Angler aus Deutschland, die mit eigenem Boot angereist waren, hatten ihren Meterfisch auch über tiefem Wasser gefangen. Also raus auf den Fjord. Das Echo zeigte an: 120, 160 und schliesslich 200 Meter! Hier schleppten wir jetzt in Tiefen zwischen sechs und zehn Metern. Der Ausflug ins Tiefe wurde reich belohnt. Erst konnten wir eine 76er landen; eine 80er ging bei der Landung am Boot noch verloren und am Schluss krönte eine unglaubliche 93 Zentimeter lange und exakt neun Kilo schwere Meerforelle den Tag. Wahnsinn! Als wir dann anschliessend schleppend in eine flachere Bucht fuhren, verbiss sich noch ein knapp metriger Heilbutt im Rapala-Wobbler. Dennis und Reiko konnten sich über Beifang auch nicht beklagen: Gleich zwei Seelachse von je 14 Kilo schleppten sie ab.
Prinzipiell lassen sich mit diesen einfachen Mitteln in ganz Norwegen Forellen und Lachse fangen. Sicherlich nicht in diesen gewaltigen Grössen, wie wir es am Skjerstadfjord erlebten. Aber viele Angler berichten auch von Lachsfängen (oft entflohene Farmlachse), wenn sie mal pro Tag einige Trollingrunden eingelegt hatten
Wo & wann
Als ich unsere Forellen-Fänge in meinen Internet-Blog www.rainerkorn.de stellte, kam einige Tage später schon eine Mail von Anglern, die in Nordnorwegen unterwegs waren. «Was Rainer Korn kann, können wir schon lange,» schrieben sie mir mit einem Augenzwinkern. «Wir probierten das Schleppen ebenfalls aus, wie wir es bei dir gelesen hatten. Wir hatten Dorsch und Co. genug gefangen und wollten mal was Neues testen. Unser Ergebnis nach drei Tagen mit zwei Booten: fünf Meerforellen und zwei Lachse! Danke für den Tipp.» In einigen Fjorden in Westnorwegen gehört das Forellen-/Lachs-Schleppen zum Standard. Zum Beispiel im Hardangerfjord. Probieren Sie es ruhig einmal aus. Ein paar entspannte Schlepprunden können Wunder wirken und die anglerischen Möglichkeiten erweitern. Übrigens: Lachs und Meerforelle fallen nicht unter die 15-Kilo-Regel.
Gerät & Ausrüstung
Tauchparavane, Vorschaltbleie sowie Tauchscheiben (um Köder auf Tiefe und/oder zur Seite zu bringen) nehmen kaum Platz im Gepäck weg und sind günstig. Den Deep Tail Dancer von Rapala finden Sie in den meisten Fachgeschäften. Wer mit etwas grösseren Tauchscheiben oder schweren Paravanen schleppen möchte, sollte etwas kräftigere Ruten einsetzen. Ganz wichtig: stabile, portable Rutenhalter. Ohne grossen Feumer sollten Sie keinesfalls zum Schleppen fahren. Nur mit einem ausreichend dimensionierten Landenetz lassen sich die wilden Silberschätze sicher landen.
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