


15 | 11 | 2017 | Praxis | ![]() | ![]() |
15 | 11 | 2017 | Praxis |
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Zander gelten als «schwierig». Dabei kann das Zanderfischen ganz einfach sein: Mit dem Köderfisch! Wie es funktioniert, zeigen Fred Kotowski und Christian Wieneke.
Für viele Fischer ist der Zander ein unglaublich heikler Fisch geworden, weshalb er regelrecht zum «Angstgegner» mutierte. Bei der heutigen Kunstköderflut ist das aber auch kein Wunder. Mancher Experte empfiehlt Gummiköder mit Aktion, ein anderer wiederum rät zu «no action». Der nächste sagt, dass die Köder besonders grell gefärbt sein müssen, ein vierter meint, natürliche Farben seien besser. Dann wiederum heisst es, kleine Köder seien eine absolut sichere Sache, wogegen ein anderer dagegenhält, gross müsse der Köder sein...
Keine Frage: Alle diese Ansichten haben ihre Berechtigung – aber immer nur unter ganz bestimmten Bedingungen! Es gibt jedoch einen Köder, der immer und überall Erfolg bringt, völlig unkompliziert ist und sehr entspanntes Zanderfischen verspricht: Der Köderfisch! Besonders Stillwasserzander gelten als heikel, aber Christian Wieneke und Fred Kotowski bieten den Zandern dort regelmässig tote Köderfische an und überlisten damit sogar vorsichtige Grosszander.
Grosse Seen sind häufig recht klar, weshalb die Sichttiefe im Wasser drei Meter oder mehr betragen kann. Wenn man einmal von den ersten warmen Tagen im Frühling absieht, halten sich die Zander daher tagsüber in grösseren Tiefen auf. Es gibt zwar auch Zeiten, in denen die Zander am Tag aktiv sind, aber in der Regel beginnt die beste Beisszeit deshalb erst in der Dämmerung.
Dann wandern die Kleinfische aus den tiefen Bereichen auf die Egliberge und Plateaus – und die Zander folgen ihnen. Wenn dann noch der Wind auf so einen Bereich drückt, kann man fast sicher sein, die «Glasaugen» dort zu treffen. Solche Stellen kann man zwar auch im Uferbereich finden und demzufolge vom Ufer aus befischen, aber das Boot ist die bessere Wahl. Damit hat man nämlich die Möglichkeit, im tiefen Wasser zu ankern und die Zapfen mit dem Wind in den fängigen Bereich an der Kante treiben zu lassen.
Einfach nur einen Anker ins Wasser zu werfen genügt dafür allerdings nicht. Man braucht zwei Anker: Einen am Heck und einen am Bug. Die Anker sollten zur Bootsgrösse passen und müssen so ausgebracht werden, dass sich das Boot kaum noch bewegt. Ob nun quer zum Wind oder mit dem Bug in den Wind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wichtig ist, dass das Boot zwischen den Ankern «steht», ohne grosse Schlenker zu machen.
Wenn nämlich die Montagen mitsamt Köderfischen daran durch die Bewegungen eines schlecht verankerten Bootes herumgezerrt werden, bleiben die Bisse aus. Zander bevorzugen Beute, die sie gut anvisieren können. Ausserdem ist es unnatürlich, wenn ein totes Rotauge sich so seltsam verhält. Gerade erfahrene Zander reagieren misstrauisch auf ein unnatürliches Beuteverhalten.
Die Rute sollte nicht zu kurz sein: Drei bis vier Meter Länge sind ideal. Ausserdem ist es von Vorteil, wenn sie nicht zu hart ist, da der Köderfisch beim Auswerfen ansonsten schneller vom Haken fällt. Karpfenruten mit 2 bis 3 lb Testkurve sind dafür genau richtig. Die perfekte Ergänzung dazu sind Freilaufrollen, wie sie beim Karpfenfischen verwendet werden. Wenn man doch einmal den Biss «verschläft», ist der eingeschaltete Freilauf die Rettung, indem er Schnur gibt, ohne dass der Fisch zuviel Widerstand spürt. Bespult mit einer 0,35 mm starken Monofilschnur ist das Gerät dann komplett.
Als Zapfen kommen nur Laufzapfen mit Knicklicht-Aufsatz in Frage. Mit 15 bis 20 Gramm Tragkraft sind sie kräftig genug, um auch grosse Köderfische sicher zu halten – aber dennoch leicht genug, damit die Zander beim Biss nicht zu viel Widerstand spüren. Sorgfältiges Ausbleien ist also Pflicht!
Als Vorfach sind 0,40 mm starkes Monofil oder ein feines, flexibles 7x7 Stahlvorfach mit 9 Kilogramm Tragkraft die erste Wahl. Als Haken haben sich nicht zu grosse, aber dafür extrem scharfe Drillinge bewährt. Sie müssen in ihrer Grösse zum Köderfisch passen, weshalb man stets mehrere, etwa 80 Zentimeter lange Vorfächer mit verschieden grossen Drillingen dabei haben sollte.
Mit der Ködernadel wird in den Nacken des Köderfischs eingestochen und das Vorfach unter der Haut bis zum ersten Knochenstrahl der Rückenflosse durchgefädelt. Dann das Vorfach komplett durchziehen, damit der Drilling im Nacken fixiert werden kann. Nun kann das Vorfach an der Hauptschnur befestigt werden. So montiert schwebt der Köderfisch natürlich im Wasser, ohne dass der Räuber beim Biss zu viel spürt. Allerdings sollte die Schwimmblase durchgestochen werden, damit er nicht unnatürlich auftreibt.
Um die Lockwirkung noch zu erhöhen, kann man dem Fisch mit der Ködernadel noch ein paar Kratzer auf der Flanke verpassen, damit etwas Fischgeruch austritt. So verteilt sich der Duft des Köderfischs schneller im Wasser.
Perfekte Köderfische sind Rotaugen oder Rotfedern. Aber auch Egli können, wo erlaubt, benutzt werden. Bei der Ködergrösse darf ruhig geklotzt werden! Beutefische um 20 Zentimeter sind selbst für 50 Zentimeter lange Zander kein Problem! Ein 84 Zentimeter langer Zander hat uns einmal nach der Landung einen 37 Zentimeter langen Egli in den Feumer gespuckt! Wenn man so etwas einmal miterlebt hat, hat man beim Zanderfischen keine Bedenken bei grossen Köderfischen! Hinzu kommt, dass grössere Köderfische eine dickere Haut haben und so besser am Haken halten. Ausserdem ist von Vorteil, dass grosse Köderfische nicht so schnell wieder ausgespuckt werden, denn die Räuber rechnen bei einer grösseren Beute mit mehr Gegenwehr.
Und selbst wenn ein Zander doch einmal beim Biss loslassen sollte, wartet man sicherheitshalber wenigstens fünf Minuten, bevor die Montage eingeholt und kontrolliert wird. Manchmal kehrt der Räuber (oder ein anderer aus dem Schwarm) zum Köderfisch zurück und holt sich die leichte Beute beim zweiten Versuch doch noch. Übrigens: Wer die Montage mit dem Köderfisch gefühlvoll auswirft, kann ihn ohne Probleme über längere Zeit verwenden.
In jedem Fall ist es ratsam, rechtzeitig genug vor Anbruch der Abenddämmerung am Angelplatz zu erscheinen, das Boot noch bei Tageslicht zu verankern und auch die Knicklichter auf den Zapfen zu aktivieren, um nicht zuviel Unruhe zu verbreiten, wenn die Zander bereits im Anmarsch sind.
Wenn mit mehreren Ruten gefischt wird, empfiehlt es sich ausserdem, unterschiedliche Tiefen einzustellen – beim Einsatz von zwei Ruten beispielsweise eine bei acht Meter und die zweite auf sechs Meter oder flacher. Häufig kommen die ersten Bisse auf die tiefer eingestellte Rute. Im Laufe der Nacht verlagert sich dann das Beissgeschehen nicht selten auf die flacher angebotenen Köder. Wenn man zu zweit im Boot ist, kann man die Tiefen entsprechend absprechen. Dabei muss natürlich darauf geachtet werden, dass sich die Zapfen nicht in die Quere kommen. Deshalb sollten sie auch in unterschiedlichen Entfernungen zum Boot und nicht zu dicht nebeneinander ausgebracht werden.
Einer der spannendsten, aber auch kritischsten Momente ist der Biss. Wenn der Zapfen plötzlich verschwindet oder uns der Freilauf wachrüttelt, steigt der Adrenalinpegel schlagartig! Meistens zieht der Zapfen erst einmal ab und bleibt dann regungslos stehen. In dieser Phase versucht der Zander die Beute in Ruhe zu schlucken, um anschliessend weiterzuziehen. Deshalb ist es wichtig, dass er wirklich frei abziehen kann. Wer den Biss sieht, kann per Hand die Schnur freigeben, ansonsten ist der bereits angesprochene Freilauf dabei sehr hilfreich.
Wenn der Räuber nach dieser Pause wieder Schnur nimmt, ist der Moment für den Anhieb gekommen! Hierbei sollte dringend darauf geachtet werden, die lose Schnur wieder aufzunehmen, bis man vorsichtig leichten Widerstand fühlt. Sobald man das Gefühl hat, den Zander zu spüren, muss kräftig angehauen werden – mit der Betonung auf kräftig!
Wer beim Anhieb zu zaghaft anschlägt oder einen grossen Schnurbogen im Wasser hat, wird den Haken nicht setzen können. Zander sind keine harten Kämpfer, so dass man sich eigentlich keine Gedanken machen muss, wenn das Gerät in Ordnung ist. Wenn der Anhieb sitzt, zeigt sich, wie wertvoll eine Kopflampe ist. Ohne Licht an Bord bricht Chaos aus! Ebenfalls wichtig ist ein grosser Feumer. Wenn ein kapitales Glasauge vor dem Boot tobt, ist eine richtig grosse «Kelle» extrem wichtig. Schon bei Tageslicht kann es mit einem zu kleinen Feumer beschwerlich sein, einen grossen Zander zu feumern – aber bei Dunkelheit kann das zum Fischverlust führen! Wenn die Landung zu lange dauert, schlitzt der Fisch oft noch im letzten Moment unter der Rutenspitze aus!
Wenn alles gut geht, kann man sich oft über ausgesprochen dicke Überraschungen freuen. Denn auch hochkapitale Zander werden regelmässig mit dem Köderfisch gefangen. So sehr wir unsere grossen Gummiköder und Wobbler auch lieben: Selbst für Fred und mich ist es immer eine willkommene Abwechslung, entspannt eine Rute mit Köderfisch im Wasser zu haben.
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