14 | 06 | 2022 | Schweiz | 0 | 5447 |
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Kiesschüttungen am Linthkanal für Äsche und Co.
Der Linthkanal galt jahrzehntelang als eines der besten Äschengewässer der Schweiz. Früher gingen den Fischern jährlich zwischen zwei und vier Tonnen Äschen an die Angel. Aktuell werden noch rund 100 kg gefangen. Bei den Linthkanalforellen zeigt die Statistik ein noch düstereres Bild: Im Jahr 2020 wurden noch 51 kg Forellen gefangen. Die Behörden der zuständigen Fischereikommission haben jetzt reagiert, und zwar auf verschiedenen Ebenen.
Im Gegensatz zur Forelle sind die Fangstatistiken bei der Äsche nicht von Besatzmassnahmen beeinflusst. Bei der Äsche gab es keinen regelmässigen Besatz, der die Fangstatistik beeinflusst hätte. Der erste deutliche Rückgang der Äschenfänge am Linthkanal fand in den 1980er-Jahren und dann nochmals in den frühen 1990er-Jahren statt. Dieser Rückgang korrelierte deutlich mit dem Rückgang des Phosphor-Gehalts im Walensee, welcher nachweislich für die Produktivität der Gewässer mitverantwortlich ist. Zudem fanden dann die grossen Kormoraneinflüge am Linthkanal statt.
Im Rahmen des Hochwasserschutzprojekts «Linth2000» wurden bereits einige Massnahmen zur Verbesserung des Fischlebensraums umgesetzt: Harte, aus Betonplatten bestehende Uferverbauungen wichen Kies- und Steinschüttungen mit Flachwasserzonen. Punktuell wurden Aufweitungen realisiert und ein ehemaliger Altarm beim Hänggelgiessen wurde reaktiviert. Das mehrjährige Äschenjungfisch-Monitoring zeigt, dass die Fische diese Strukturen schätzen und gut angenommen haben. Doch von diesen Massnahmen konnten die kieslaichenden Arten bisher nicht oder nur wenig profitieren. Ein zusätzliches Monitoring zeigte, dass die Äschen aufgrund des fehlenden Sohlensubstrats nur zwei Prozent der vorhandenen Flusssohle als Laichsubstrat nutzen können. Dies, weil dem Linthkanal das für die Kieslaicher wichtige Kiessubstrat fehlt. Seit der Linthkorrektur wird geeignetes Kiesmaterial aus der Glarner Linth direkt in den Walensee eingetragen und fehlt somit im Linthkanal.
Trilogie am Linthkanal
Studien und Beobachtungen der Fischer haben gezeigt, dass die Reproduktion der Äschen nicht mehr genügend funktioniert und die laichreifen Fische verschwinden. Diese Erkenntnisse hat die Fischereikommission für den Zürichsee, Linthkanal und Walensee bewogen, Massnahmen auf drei Ebenen umzusetzen:
- 1. Schutz: Auf den 1. Januar 2018 wurde die Schonzeit um den Monat Januar verlängert und das Schonmass von 32 auf 35 cm erhöht. Damit sollen fortpflanzungsfähige Äschen besser geschützt werden.
- 2. Prädation: Mit Zustimmung des Bundes wurde die Schonzeit des Kormorans um sechs Wochen (vom 1. März bis 15. April) zur Laichzeit der Äschen in den Jahren 2019 bis 2021 am Linthkanal in den Kantonen Glarus und St. Gallen verkürzt. Damit sollten Kormorane durch Vergrämungsabschüsse von den Laichplätzen der Äschen vertrieben werden.
- 3. Lebensraumaufwertungen: Das Angebot an Laichplätzen soll durch verschiedene Massnahmen verbessert werden. Dazu wurde zuerst eine umfangreiche Machbarkeitsstudie erstellt und von Experten evaluiert.
Kiesschüttungen im Linthkanal
Die fischereilichen Massnahmen haben zur Folge, dass der Befischungsdruck abnimmt, was auch eine Reduktion der verkauften Anzahl Jahrespatente zur Folge hatte. Selbstverständlich ist die Attraktivität des Linthkanals für die Fischerei längst verblasst. Beim Kormoran hat man beobachtet, dass nur noch relativ wenige Vögel am Linthkanal verweilen. Dies könnte natürlich auch eine Folge des geringen Fischbestands sein. Die Mägen der erlegten Kormorane waren mehrheitlich leer, weil die Vögel eher am frühen Morgen abgeschossen wurden. Zusätzliche Monitoringdaten werden aktuell noch ausgewertet.
Viel Hoffnung setzt man auf die Aufwertungsmassnahmen. Im Oktober 2021 wurden bei Ziegelbrücke der Linth rund 1000 m3 Kies mit gemischter Grösse beigegeben. Das Kies soll über die Zeit bis zum Hänggelgiessen durch die Strömung verdriftet und abgelagert werden und so zusätzliches Laichsubstrat schaffen. Zudem hat man in einem Abschnitt mit geringer Strömung zwischen Weesen und der Maagmündung drei stationäre Kiesbänke à 200 m3 in der Dimension von 40 m Länge, 10 m Breite und rund 0,5 m Höhe erstellt. Schlussendlich wurden zwei bestehende Buchten (Reckenhaaben) oberhalb der Roten Brücke in Bilten mit Strukturelementen (Totholz, Steinblöcke) versehen, wo sich auch Kolke ausbilden sollen. Die Trägerschaft dieser Lebensraumaufwertungen lag übrigens bei der zuständigen Fischereikommission. Das Linthwerk übernahm die Aufgabe des Bauherrs, für die Umsetzung kamen lokale Unternehmer zum Zug. Finanziert wurde die Umsetzung durch den «Nature Made Star Fond» der St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK). Die Planungskosten übernahmen die Kantone der Fischereikommission, grossmehrheitlich der Kanton St. Gallen.
Äschen haben bereits reagiert
Ein Monitoring auf verschiedenen Ebenen wird genau untersuchen, ob und wie sich die Massnahmen auf die Äschen auswirken. Eine erste Kartierung im März 2022 hat gezeigt, dass in zwei Abschnitten mit geschüttetem Kies bereits mehrere Dutzend frische Laichgruben von Äschen zu finden waren. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht kann der Linthkanal den Status eines Äschen-Laichgewässers von nationaler Bedeutung zurückgewinnen.
Gänsesäger-Problematik
«Petri-Heil»-Frage:
Aufgrund der nationalen Gänsesäger-Studie (Escher, 2005) vermuten wir Fischer, dass der Gänsesäger einen negativen Einfluss auf das Aufkommen der Äschen im Linthkanal hat. Mehrere Dutzend dieser Vögel fressen das ganze Jahr Tausende von Jungfischen im Linthkanal. Bedauerlicherweise verhindert ein ganzjähriger Schutz des Prädators ein nachhaltiges Bestandsmanagement. Aber in anderen Kantonen (insbesondere Bern) wurden Ausnahmen bewilligt. Warum hat die Fischereikommission den Gänsesäger nicht in ihre Evaluationen miteinbezogen?
Antwort von Dr. Dominik Thiel:
«Ich verfolge seit 15 Jahren die Thematik mit dem Gänsesäger genau und habe zahlreiche Gespräche auch mit dem Rechtsdienst des Bundes geführt. Es gibt mit den vorliegenden Daten und Grundlagen keine Erfolgschance, rechtlich Abschüsse zu bewilligen, resp. der Bund würde unter den aktuellen Bedingungen kaum zustimmen. Die Gründe sind im bekannten Bundesgerichtsurteil zu den Gänsesägerabschüssen im Kanton Bern aufgezeigt. Ich glaube nicht, dass aktuell ein Kanton noch Abschüsse tätigt, und wenn, dann müssten sehr gute Daten zum Einfluss des Sägers auf eine Fischart erhoben sein. Wir haben ja die Erkenntnis aus zahlreichen Studien am Linthkanal, dass die adulten Fische verschwinden und es zu wenig Laichplätze hat. Die Basis hier reicht nicht, um geschützte Arten zu regulieren.»
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