Sorgen und (keine) Perspektiven
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Sorgen und (keine) Perspektiven
17 | 05 | 2017 | Praxis | 0 | 7822 |
17 | 05 | 2017 | Praxis |
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Immer dann, wenn das Hechtfischen schwierig wird, greift Stefan Berger zum Sbirulino mit Streamer. Dieser federleichte Köder eröffnet Fangmöglichkeiten, die Gummifische oder Wobbler nicht bieten. Man gelangt in Schleichfahrt zum Fisch!
Fehlten Ihnen auch schon einmal die berühmten zehn Meter Wurfweite bis in den fängigen Bereich? Es ist ein bekannter Klassiker: Man sieht einen Fisch mehrmals hintereinander am selben Platz jagen, aber er befindet sich ausserhalb der eigenen Wurfweite. Möglicherweise gelingt es, mit einem 60 Gramm schweren Blinker bis dorthin vorzudringen. Leider muss der schwere Köder schnell eingeholt werden, damit er nicht auf den Grund sinkt, ausserdem fällt er mit einem lauten, scheuchenden Klatscher ins Wasser. Dadurch ist man nicht in der Lage, den «heissen» Bereich vernünftig zu befischen.
Zum Glück gibt es Hilfsmittel, mit denen sich selbst so leichte Köder wie Streamer weit werfen lassen: Sbirulinos! Ihren Siegeszug begannen die Weitwurfwunder am Forellensee. Mit den unterschiedlichen Ausführungen der «Unterwasserzapfen» waren die Fischer plötzlich in der Lage, die komplette Wassersäule nach hungrigen Forellen abzusuchen. Dank der schwimmenden, langsam sowie schnell sinkenden Modelle waren sie auf jede Situation vorbereitet.
Aber anstatt in einem Forellensee Bienenmaden oder Teig auf Weite zu bringen, benutze ich Sbirulinos, um in Hechtgewässern einen Streamer zum Fisch zu befördern! Die Stärke dieses leichten Köders ist seine Langsamkeit. Während Blinker, Spinner und Gummifische eine gewisse Mindestgeschwindigkeit verlangen, um vernünftig zu laufen, kann man Streamer im Zeitlupentempo präsentieren und auch mal an Ort schweben zu lassen.
In den Einholpausen plustern sich die feinen Härchen des Streamers verführerisch auf. Dabei bremsen sie wie ein Fallschirm den Streamer auf seinem Weg zum Gewässergrund. Die Absinkphase fällt dadurch deutlich länger aus, als das bei anderen Ködern der Fall ist. Selbst der trägste Hecht lässt sich aus der Reserve locken, wenn man ihm lange genug mit so einem Federbüschel um die Nase herumwedelt.
Wird der Köder in einem verkrauteten Gewässer eingesetzt, zeigt sich ein weiterer Vorteil: Der dichte «Pelz» umschliesst den Haken im Wasser zuverlässig. Dadurch bleiben kaum Kraut oder Algen am Streamer hängen. Der grosse Nachteil der Leichtgewichte – ihre geringe Wurfweite – wird durch den schweren Sbirulino als Wurfgewicht kompensiert.
Besonders gern verwende ich diese Montage zum Befischen grosser Krautfelder. In Zeitlupe kann der Streamer knapp über den Wasserpflanzen präsentiert werden, ohne sich irgendwo festzusetzen. Mindestens genauso erfolgreich ist der Einsatz in flachen Gewässern, die wenig Struktur im Uferbereich aufweisen. Die fischträchtigen Bereiche liegen meist in der Mitte des Sees. Ausserhalb der Wurfweite anderer Köder lassen sich diese Spots mit Sbirulino plus Streamer effektiv befischen.
Vorausgesetzt natürlich, man benutzt das richtige Gerät. Besonders wichtig ist eine lange Rute, die als Hebel für weite Würfe dient. Ruten ab 2,70 Meter, besser noch 3,00 bis 3,30 Meter sind optimal. Damit ihr auch Sbirolinos von 40 Gramm werfen könnt, sollte das Wurfgewicht mindestens 60 Gramm betragen. Ein kräftiges Rückgrat rundet die Rute perfekt ab. Schliesslich muss der Anhieb auch noch auf grosse Distanz mit der nötigen Kraft im Fischmaul ankommen.
Geflochtene Hauptschnur ist bei dieser Methode ebenfalls ein Muss. Ansonsten würde man Bisse auf grosse Entfernung überhaupt nicht spüren. Damit die Schnur den Belastungen beim Wurf standhält, sollte sie mindestens 0,14 Millimeter stark sein. Achtet bei der Rolle darauf, dass die Spule wirklich bis zum Rand gefüllt ist. So könnt ihr noch ein paar Meter mehr an Weite herausholen.
Wenn ihr den Sbirulino auf die Hauptschnur fädelt, muss der schwere Zapfenkörper zum Vorfach zeigen. Manche Angler fischen die Wurfwunder nämlich verkehrt herum und wundern sich dann, warum die Dinger nicht richtig fliegen. Nachdem sich der Sbirulino auf der geflochtenen Schnur befindet, werden eine Stopperperle und ein Gummistopper aufgezogen. Diese beiden Kleinteile sorgen dafür, dass der Knoten beim Werfen nicht beschädigt wird.
Die meisten Fischer verbinden Hauptschnur und Vorfach beim Sbirulino-Angeln mit einem Dreifachwirbel. Dieser soll verhindern, dass die Schnur beim Einholen verdrallt. Da die Streamer aber keinen Drall erzeugen, verzichte ich darauf. Mit einem Schlagschnurknoten wird das Vorfach aus Fluorocarbon mit der Hauptschnur verbunden. Natürlich könnt ihr Stahl als Vorfachmaterial verwenden, aber besonders in klaren Gewässern ist man mit Fluorocarbon im Vorteil. Schliesslich haben die Fische genügend Zeit, sich den Köder ganz genau anzuschauen. Es sollte aber nur in hechtsicheren Stärken von mindestens 0,70 Millimeter zum Einsatz kommen.
Die Frage nach der richtigen Vorfachlänge ist nicht einfach zu beantworten. Einerseits entfaltet der Streamer sein volles Köderspiel am besten an langen Vorfächern, anderseits kann es dann passieren, dass man die Bisse nicht mehr spürt. Ein guter Kompromiss sind 1,00 bis 1,50 Meter lange Vorfächer. Am Ende des Vorfachs wird mit einer Quetschhülse oder einem Knoten ein Einhänger für den Streamer befestigt.
Der passende Hecht-Streamer fürs Sbiro-Fischen sollte 10 bis 15 Zentimeter lang sein. Wer Egli als Beifang mag, kann auch kleinere Modelle einsetzen. Neben der Grösse spielt beim Streamer aber auch die Farbe eine entscheidende Rolle. Mit Schockfarben und auffälligen Mustern hatte ich bisher die besten Erfolge.
Hintergrund: Die Sbirulino-Montage ist immer dann besonders erfolgreich, wenn die Fische passiv sind und keine Lust haben zu fressen. Das ist zum Beispiel bei einem Wetterwechsel mit Temperatursturz der Fall. Aber auch heisse Tage lassen Hechte ziemlich träge werden. Ebenso können heftige Regenfälle das Wasser eintrüben und die Räuber vom Jagen abhalten. Die Fische sind dann meist so lethargisch, dass es wenig bringt, einen Beutefisch exakt zu kopieren.
Mit einer auffälligen Farbe ist man dann besser beraten. Schliesslich muss unser Köder unter Wasser auch wahrgenommen werden. Und da er weder starke Druckwellen aussendet noch irgendwelche Geräusche erzeugt, bleibt nur der optische Reiz. Wir tanzen den Raubfischen so lange mit diesem «grellen Etwas» vor der Nase herum, bis sie zuschnappen. Die Bisse erfolgen in der Regel nicht aus Hunger, sondern aus Aggressivität oder zur Revierverteidigung.
Die Führung des Streamers ist einfach: Nach dem Auswerfen lässt man die Montage auf die gewünschte Tiefe absinken und holt sie dann mit leichtem Rucken wieder ein. Aber immer schön langsam! Die Absinkphasen sollten ebenfalls nicht zu kurz ausfallen, schliesslich kommen dabei die meisten Bisse. Probieren Sie alle Varianten durch, vom leichten Zupfer bis zum harten Ruck, um herauszufinden, worauf die Fische reagieren.
Besonders wichtig ist es, dabei nie den Kontakt zum Köder zu verlieren. Denn durch das lange Vorfach sind viele Bisse nur noch als leichtes Zupfen zu spüren. Mitunter spürt man auch nur einen Widerstand beim Einholen. Setzt immer sofort einen kräftigen Anhieb, wenn ihr das Gefühl habt, dass sich die Montage irgendwie komisch verhält!
Die Vorteile eines Streamers sollten aber nicht nur an schwierigen Tagen genutzt werden. Auch an «normalen» Tagen können diese Feder-Köder der Knaller sein. Dann verwende ich allerdings keine Sbirulinos, sondern montiere die Streamer am Texas-Rig. Mit einer kleinen Auswahl verschiedener Bullet-Bleie zwischen 4 und 20 Gramm lassen sich die Streamer gut werfen und können flexibel in verschiedenen Tiefen angeboten werden.
Die Animation ist einfach: Mit einem kurzen Ruck wird die Montage vom Grund gelupft. Der Streamer zischt dabei wie ein flüchtender Fisch nach vorn. In der anschliessenden Absinkphase wird er vom Bullet-Blei wieder zurück in die Tiefe gezogen. Dabei trudelt der Streamer abwärts, bis das Bullet-Blei den Boden erreicht hat. Nun stoppt der Streamer und bläht sich blitzschnell auf, während seine feinen Härchen zu pulsieren anfangen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass viele Bisse in genau diesem Moment kommen.
Aber auch die anschliessende Phase, in der der Streamer langsam zu Boden sinkt, bringt Bisse! Darum muss man jederzeit voll konzentriert sein! Viele Bisse erkennt man nur, wenn man die Schnur genau im Auge behält. Sobald sie kurz zuckt oder sich langsam strafft, muss ein entschlossener Anhieb gesetzt werden.
Falls ihr den Streamer gern etwas aggressiver im Mittelwasser jiggen wollt, gibt es auch dafür die passende Montage. Mit einem Stopper wird das Bullet-Weight fest vor dem Streamer fixiert. Dadurch erhält man eine Art «Federjig», mit dem man alle Wasserschichten schnell nach Fischen abjiggen kann. Der Streamer kann dabei entweder wie ein normaler Gummifisch geführt werden oder mit leichten Schlägen aus der Rute, ähnlich wie bei einem Jerkbait. Sind die Räuber aktiv, werdet ihr mit beiden Varianten eure Bisse bekommen. Damit ihr den Streamer schnell genug führen könnt, ist mehr Gewicht nötig – bei grossen Streamern mit hohem Wasserwiderstand bis zu 30 Gramm! Wollt ihr den Spot langsamer befischen, schiebt ihr den Stopper nach oben und erhaltet so ein Texas-Rig.
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