Flöhe töten Fische
29 | 01 | 2025 Video | DiversesText: Rolf Frischknecht 12311
29 | 01 | 2025 Video | Diverses
Text: Rolf Frischknecht 1 2311

Flöhe töten Fische

Der Fischrückgang ist allgegenwärtig. Gerne gibt man den Wasserkraftwerken, den Vögeln oder den Bauern die Schuld dafür. Aber es gibt auch Gründe, mit denen wir Gassi gehen und die bellen.


Idyllisch mäandriert der Barle durch den Naturpark Exmoor in Südwestengland. Nichts von alldem, was bei uns für den Fischrückgang verantwortlich gemacht wird, gibt es da. Keine Verbauungen, keine intensive Landwirtschaft (höchstens ein paar Schafe und halbwilde Exmoor Poneys). Zudem wenig besiedelt, kaum Lichtverschmutzung, nur wenige Gänsesäger.

Der Barle war früher einer der produktivsten Lachsflüsse in der Region und hatte zudem einen schönen Bestand an zwar meist eher kleinwüchsigen, aber wunderschönen und kampfkräftigen Exmoor-Forellen. Das ist aber alles Geschichte. Idylle pur – und doch geht der Fischbestand jedes Jahr weiter zurück. Bei den Lachsen könnte man ja noch Gründe weiter unten am Fluss oder im Meer vermuten. Aber warum nimmt denn auch der Bestand der Forellen so dramatisch ab?

Geschäftig wird es im Naturpark im Sommer, wenn die Touristenströme einfallen. Dann baden und spielen nicht nur die Menschen, sondern auch ihre Hunde im Fluss.

Ueli Zellweger, ein pensionierter Schweizer Tierarzt und Besitzer des schönsten Teils des Barle hat sich schon lange über die Ruhestörungen geärgert. Da er sich seit 12 Jahren auch als Riverwatcher mit den Insekten im Fluss beschäftigt, ist ihm aufgefallen, dass ausgerechnet unterhalb der Badeplätze viel weniger Nymphen als früher in sein Fangnetz gehen. Zunächst konnte er sich keinen Reim darauf machen, bis er, aufmerksam geworden durch einen BBC-Bericht, auf den Hund gekommen ist ...

 

Milliardengeschäft – zulasten der Gewässer

Hunde und Katzen haben gelegentlich Flöhe, manchmal auch Zecken. Seit einigen Jahren haben da findige Pharmafirmen ein Geschäftsfeld mit grossem Potenzial gefunden. Sie verkaufen Insektizide, die den Tieren in einem «Flohhalsband» umgelegt, aufgesprayt, aufgeträufelt oder sogar verabreicht werden. Das Gift reichert sich dann in Haut und Haar an und so werden allfällige Flöhe und Zecken prophylaktisch über Monate hinweg getötet. Diese Mittel werden intensiv beworben, namentlich auch, indem die Angst vor durch Zecken übertragene Krankheiten aktiv geschürt wird. Der Marktführer konnte im letzten Jahr stolz verkünden, damit eine Milliarde Umsatz gemacht zu haben.

Forscher in Grossbritannien haben nun herausgefunden, dass Hunde, die mit solchen Insektiziden gegen Flöhe und Zecken behandelt werden, grosse Mengen dieser Giftstoffe ans Wasser abgeben. Nicht nur beim Baden, sondern auch indirekt etwa via Hundebetten oder Tüchern, die gewaschen werden. Dadurch werden die Insektenlarven im Gewässer dezimiert. Mit den entsprechenden Folgen für die Junglachse und die Forellen, die den Grossteil ihres Nahrungsbedarfs mit Nymphen und Fluginsekten abdecken.

 Früher häufiger: Ueli Zellweger mit schönem Barle-Lachs. © Ueli Zellweger

Früher häufiger: Ueli Zellweger mit schönem Barle-Lachs. © Ueli Zellweger


Mit ungleichen Ellen

In der Schweiz wurden im Umfeld der Pestizidinitiativen einige besonders gefährliche Insektizide für Landwirtschaft verboten. Als Beispiel kann Fipronil angesehen werden. Ein Tropfen davon tötet 30?000 Bienen – und wohl ein Mehrfaches an Wasserinsekten. Dessen Einsatz in der Landwirtschaft wurde 2019 verboten. Aber die Belastung der Gewässer nahm nur wenig ab. Im Jahr 2023 wurden für das Insektizid Fipronil 74 zum Teil massive Grenzwertüberschreitungen an zehn Gewässern entdeckt. Bekannt ist zudem eine gravierende chronische Belastung mit Fipronil an der Urtenen (BE). Auffällig ist, dass die Belastungen fast ausschliesslich im Agglomerationsraum unterhalb Kläranlagen gefunden werden. Das Fipronil konnte also nur von dort herkommen, wo sein Einsatz noch erlaubt ist. Nämlich von Floh- und Zeckenmitteln für Hunde und Katzen sowie aus Bioziden, also Mitteln gegen Insekten im Haus (z. B. Ameisenköder).


Politik für Fische

Dass da Bauern und andere Anwender ungleich behandelt wurden und das zulasten unserer Fischbestände ging, rief die Politik gleich zweifach auf den Plan. Deshalb reichten die Ständeräte Jakob Stark (TG, SVP) und Daniel Jositsch, unser neuer SFV-Präsident (ZH, SP), in diesem Herbst eine Interpellation ein, mit welcher ein Verbot dieser Mittel auch im nicht-landwirtschaftlichen Bereich gefordert wurde. Ende November kam die Antwort des Bundesrats (wie immer sibyllinisch, aber immerhin): «Massnahmen werden geprüft». Wer den Politikbetrieb kennt, weiss, dass das schon eine sehr starke Antwort ist. Wir können sicher sein, dass diese beiden Ständeräte da nachstossen werden.


Was kann ich tun?

Keinem von uns würde es einfallen, uns selbst giftige Insektizide auf die Haut zu schmieren. Die üblichen Mittel, die wir zur Mücken- und Zeckenabwehr verwenden, wie etwa das bekannte Kik oder Anti-Brumm usw. sind Abwehrmittel, meist mit diversen ätherischen Ölen. Sie hindern mit ihrem Geruch Insekten daran, uns als Blutlieferanten wahrzunehmen. Ähnliche Mittel gibt es in jeder Zoofachhandlung auch für Haustiere. Nachteil dieser Mittel ist, dass sie nur eine beschränkte Wirkungsdauer haben und deshalb bei jedem Spaziergang vorgängig anzuwenden sind. Ihr grosser Vorteil ist aber, nicht giftig zu sein, weder für Mensch noch für Tier und auch nicht für die Gewässer. Und auf jeden Fall schneller als jedes Giftprodukt wirkt eine kurze Kontrolle des Hundes nach einem Spaziergang etwa im Frühling oder Sommer am Waldrand entlang, wo Zecken häufig sind. Dann werden allfällige Zecken einfach mit einer Zeckenkarte oder wie früher mit einer Zeckenzange entfernt. Nicht drehen, einfach langsam und stetig ziehen. Problem gelöst, und zwar auf eine Art, die unserem Gewässer nicht schadet und auch das Portemonnaie entlastet!

P.S.: Besonders gut geeignet sind stärkere Hechelklemmen. Ich mache das seit Jahren so. Mein Labrador erfreut sich bester insektizidfreier Gesundheit und schwimmt bei jeder Gelegenheit – ohne Risiko für Bach und Fluss.


> Link zur Interpellation 24.3899

Muss die Verwendung von Fipronil und Imidaclopramid eingeschränkt oder sogar verboten werden?

 

1 Kommentare


Kohli Hanspeter

30 | 01 | 2025

Unbedingt verboten.


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