[Fische richtig landen:]</br>Vergleich unterschiedlicher Methoden
13 | 02 | 2017 PraxisText & Fotos: Nick Bremer 06501
13 | 02 | 2017 Praxis
Text & Fotos: Nick Bremer 0 6501

Fische richtig landen:
Vergleich unterschiedlicher Methoden

Untermassige und in der Schonzeit gefangene Fische müssen schonend zurückgesetzt werden. Doch gerade bei der Landung besteht für sie die Gefahr von unnötigen Verletzungen. Daher sollten wir Fischer wissen, wie wir möglichst schonend mit unseren Fängen umgehen können.


Das Singen der Rollenbremse verstummt. Ein guter Hecht hat sich meinen Gummifisch geschnappt und lässt sich nach einigen Fluchten zum Ufer dirigieren. Schnell stolpere ich über die Steinpackung zur Wasserkante, denn der Fisch ist nur knapp am Angstdrilling gehakt. Wie befördere ich ihn nun aus dem Wasser? Handlandung, Feumer oder doch mit dem Lip-Grip? Wir Fischer nutzen verschiedene Techniken und Hilfsmittel, um unsere gefangenen Fische aus dem Wasser zu bekommen.


Netzwahl

Das wohl am häufigsten genutzte Hilfsmittel zur Landung von Fischen ist der Feumer. Es gibt ihn in vielen unterschiedlichen Grössen und Formen. Was die Verletzungsgefahr der Tiere entscheidend beeinflusst, ist vor allem das Netzmaterial. Hier geht es in erster Linie um die Schleimschicht und Schuppen, aber auch um mögliche Verletzungen der Flossen. In wissenschaftlichen Studien mit Blauen Sonnenbarschen und Barramundis wurde der Einfluss von verschiedenen Netztypen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass prinzipiell jede Art von Netz die Schleimschicht beeinträchtigt, jedoch in unterschiedlich starkem Masse. Weiches, knotenloses Netzgewebe und gummierte Feumernetze verursachen die geringsten Schäden an Schleimschicht und Schuppenkleid.

In Bezug auf Verletzungen an den Flossen ist das knotenlose Material ebenfalls deutlich schonender als andere Netztypen. Hierbei spielt auch die Maschenweite eine wichtige Rolle. Ein engmaschiges Netz verhindert, dass die Fischflossen durch die Maschen hindurchrutschen können. Damit kann das Netzmaterial nicht in die Flossen einschneiden und die Flossenränder bleiben unversehrt.

Neben der Art des Netzes sollte beim Kauf eines Feumers auch darauf geachtet werden, dass er gross genug ist und am besten einen flachen Netzboden hat. So kann ein gefangener Fisch gestreckt und waagrecht aus dem Wasser gehoben werden. In dieser Position verteilt sich sein Gewicht auf eine grosse Fläche, was Verletzungen wie zum Beispiel Quetschungen verhindert. Auch das Knicken der Flossen wird so wirksam vermieden.


Nicht zu empfehlen

Kompakte Abmessungen, geringes Gewicht und häufig auch eine integrierte Waage sind die Eigenschaften, die den Lip-Grip vor allem bei Spinnfischern so beliebt machen.

Wer einen Lip-Grip verwenden möchte, sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass der Einsatz dieser Landehilfe ein hohes Verletzungsrisiko für den Fisch birgt. In zwei wissenschaftlichen Studien mit Bonefish und Barramundi wurde untersucht, welche Folgen der Gebrauch von Lip-Grips haben kann. Die Ergebnisse sind eindeutig und leider alles andere als erfreulich. Je nachdem, ob die Fische nur mit dem Lip-Grip im Wasser fixiert oder an ihm aus dem Wasser gehoben wurden, kam es bei 80 bis 100 Prozent der Fische zu Verletzungen am Unterkiefer. Das Ausmass der Verletzungen reichte von Quetschungen bis hin zu abgetrennten Zungen und gänzlich gespaltenen Unterkiefern. Besonders wenn die Fische am Lip-Grip zu zappeln anfingen, wurden ernsthafte Verletzungen im Maul verursacht. Bei Barramundis, die senkrecht am Lip-Grip hängend aus dem Wasser gehoben wurden, hatten sich sogar Wirbelknochen im Nackenbereich verschoben. Zwar starb in beiden Studien keines der Versuchstiere direkt an diesen Verletzungen, aber man kann sich leicht vorstellen, dass z. B. durch die Maulverletzungen ihre Nahrungsaufnahme beeinträchtigt wird. Das kann einen Fisch auf lange Sicht schwächen und zu seinem Tod führen.

Aufgrund dieser Erkenntnisse sollte man sich also gut überlegen, ob man einen Lip-Grip zur Landung eines Fischs einsetzt wenn man den Fisch zurücksetzen will oder muss.


Ab auf die Matte

Abhakmatten gehören für viele Karpfen- und Welsspezialisten zur Standardausrüstung. Bei den meisten anderen Fischern findet man sie jedoch selten im Gepäck. Dabei stellen Abhakmatten ein wirklich sinnvolles Hilfsmittel dar, vor allem für den schonenden Umgang mit grösseren Fischen. Häufig muss ein gelandeter Fisch am Ufer oder auch im Boot abgelegt werden, damit man ihn einfach und schnell vom Haken befreien kann. Doch die wenigsten Angelplätze bieten dafür eine geeignete Unterlage, wie zum Beispiel feuchtes Gras. Eine Abhakmatte leistet in solchen Situationen gute Dienste. Alles, was man braucht, ist ein möglichst ebener Boden, auf dem die Matte ausgebreitet werden kann. Bevor aber der Fang auf ihr landet, muss sie nass gemacht werden, damit auch hier die Schleimschicht des Fischs möglichst wenig Schaden nimmt. Natürlich muss man nicht gleich eine Abhakmatte in den Dimensionen eines Kinderplanschbeckens mit ans Wasser schleppen. Es gibt auch etliche Modelle mit kleinem Packmass und geringem Gewicht, die selbst der mobile Spinnfischer problemlos mit sich führen kann.

 Engmaschige Feumer verhindern, dass die Flossen vom Netzmaterial eingeschnitten werden.

Engmaschige Feumer verhindern, dass die Flossen vom Netzmaterial eingeschnitten werden.

 Lip-Grips sind praktische Landehilfen, bergen aber für den Fisch ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Lip-Grips sind praktische Landehilfen, bergen aber für den Fisch ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

 Eine Abhakmatte gehört inzwischen zur Standardausrüstung der ambitionierten Karpfenfischer.

Eine Abhakmatte gehört inzwischen zur Standardausrüstung der ambitionierten Karpfenfischer.

 Geglückter Nackengriff: Die verschiedenen Formen der Handlandung erfordern etwas Übung.

Geglückter Nackengriff: Die verschiedenen Formen der Handlandung erfordern etwas Übung.


Alles im Griff

Die Handlandung in ihren unterschiedlichen Formen gilt als recht schonende Art der Fischlandung. Doch egal ob Kiemen-, Nacken-, Maul- oder Schwanzwurzelgriff – bevor wir einen Fisch anfassen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Hände nass sind. Die äussere Schleimschicht und die Schuppen bilden einen Schutz gegen Parasiten und Krankheitserreger. Werden sie durch Berührung mit trockenen oder rauen Oberflächen verletzt, ist der Weg frei für Bakterien, Viren und andere Plagegeister. Unter Raubfisch-Fischern sind Landehandschuhe in Mode gekommen. Sie sollen die Hände vor Verletzungen durch Haken und Fischzähne schützen. Viele Modelle haben eine recht raue Oberfläche, was zwar das Festhalten eines Fischs erleichtert, aber auch Verletzungen der Schleimhaut verursacht. Zudem ist das Fingerspitzengefühl durch Handschuhe eingeschränkt. Speziell beim Kiemengriff kann das zum Problem werden, da man hier besonders aufpassen muss, damit der Fisch nicht an seinen empfindlichen Kiemen verletzt wird. Daher sollte ein Landehandschuh nur dann eingesetzt werden, wenn die akute Gefahr besteht, dass sich der Fischer beim Landen einen Haken in die Finger rammen könnte. Ist eine sichere Handlandung möglich, sollten wir dem Fisch zuliebe auf einen Landehandschuh verzichten. Im Winter sollten natürlich auch die normalen Handschuhe vor dem Anfassen des Fischs ausgezogen werden, damit er möglichst unversehrt wieder in sein Element entlassen werden kann.

Alle Arten der Handlandung erfordern Übung. Die verschiedenen Griffe sollten am besten zuerst an einem waidgerecht getöteten Küchen-Fisch geprobt werden, damit man ein Gefühl dafür bekommt.

Wer seinen Fang per Kiemengriff landet, sollte darauf achten, den Fisch nicht senkrecht hängend aus dem Wasser zu heben. In dieser Position lastet sein gesamtes Gewicht auf den Halswirbeln. Das kann vor allem bei grösseren und somit schwereren Exemplaren zu Schäden an der Wirbelsäule führen. Deshalb ist es ratsam, einen Fisch immer möglichst waagrecht mit beiden Händen anzuheben, damit sich sein Gewicht besser verteilt und die Wirbelsäule weniger beansprucht wird. Und nicht vergessen: Nur mit nassen Händen einen Fisch anfassen.


Kurzer Landgang

Müssen oder möchten wir einen Fisch wieder zurücksetzen, sollte die Dauer seines Aufenthalts an der Luft so kurz wie möglich sein, denn es drohen Sauerstoffmangel und das Austrocknen der Schleimhaut. Deshalb sollten Hakenlöser und eventuell Massband, Waage, Wägesack, Abhakmatte und Fotoapparat stets griff- und einsatzbereit sein, damit nicht erst lange in der Tasche danach herumgekramt werden muss.

Man sollte den Fisch nach Möglichkeit direkt im Wasser abhaken. Bei untermassigen oder während der Schonzeit gefangenen Fischen sollte das generell so geschehen.

Wird ein gefangener Schuppenträger doch für ein Erinnerungsfoto präsentiert, besteht immer die Gefahr, dass er zappelt und dem Fänger aus den Händen rutscht. Darf oder muss der Fisch wieder zurück in sein Element, sollte er vorsichtig zurückgesetzt und so lange unterstützend im Wasser gewiegt werden, bis er sich erholt hat und aus eigener Kraft davonschwimmt. Vor allem im Sommer ist das wichtig, da im warmen Wasser nur wenig Sauerstoff gelöst ist und die Fische nach Drill und Landgang nur langsam wieder zu Kräften kommen.

Der behutsame Umgang mit den Fischen und somit Respekt vor der Natur sollten für jeden Fischer selbstverständlich sein, damit wir auch zukünftig noch viele unvergessliche Stunden am Wasser verbringen können.

 

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