


10 | 10 | 2016 | Praxis | ![]() | ![]() |
10 | 10 | 2016 | Praxis |
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Die Technik des Czech-Nymphing eignet sich hervorragend zum Äschenfischen. Dabei wird mit bis zu drei Nymphenmustern direkt unter der Rutenspitze gefischt. Bernd Kuleisa erklärt wie das geht.
Czech-Nymphing ist eine Methode des Nymphenfischens, die ihren Ursprung in den osteuropäischen Regionen der Mittelgebirge hat. Die ursprünglich polnische Nymphe wurde von tschechischen Fischern während der 1980er-Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts übernommen. Das Grundprinzip der «kurzen Nymphe», wie die Entdecker dieser Methode es nennen, ist präziser mit dem Begriff «Fischen mit kurzer Schnur» beschrieben. Man bringt nur maximal einen Meter Flugschnur plus Vorfach aus, oft sind es nur 50 Zentimeter Schnur, die aus dem Spitzenring schauen. Die Rute wird dabei am ausgestreckten Arm gehalten. Das Ende der Fliegenschnur berührt die Wasseroberfläche meist nicht.
Das bedingt natürlich eine Nähe zum Standplatz der Fische. Spöttisch könnte man es auch «Tippfischen auf Äschen» nennen. Doch dieser Hohn bleibt einem im Hals stecken, wenn man einen erfahrenen Czech-Nympher am Wasser sieht.
Als Köder werden eine, zwei oder drei Nymphen (sofern erlaubt) mit verschiedenen Gewichten verwendet. Klassische Fliegen für das Czech-Nymphing sind sogenannte Bobeš. Diese gekrümmten Imitationen von Köcherfliegenlarven werden in unterschiedlichen Farbmustern hergestellt, von dezentem Grau oder Braun bis zu grellem Pink, Gelb oder Orange. Beim Czech-Nymphing können aber auch andere Arten von Nymphenmustern verwendet werden.
Anfang der 1990er-Jahre traf ich in Norwegen den damals amtierenden Weltmeister im Fliegenfischen, den Polen Wladi Trzebunia, der ein Meister dieser Technik war und seine Erfolge der «kurzen Nymphe» verdankte. Seine eigenschweren Nymphen sahen schmucklos aus. Ich testete sie, fing aber nicht mehr als sonst, sogar eher weniger.
Das war aber mein Fehler! Es sind nicht die Nymphen, die den Erfolg ausmachen, sondern es ist die Technik, auf die es ankommt. Und die hatte ich nicht drauf!
Wladi aber schon. Mein Freund Sepp Prager schilderte mir, was geschah, als Wladi bei ihm zu Gast war und die Möll in Kärnten befischte: «Du, Wahnsinn! 30 Äschen in zwei Stunden!»
Anstatt mich nun endlich für die Technik zu interessieren, legte ich diese Erzählung unter «nette Anekdote» ab und kümmerte mich nicht weiter um die «kurze Nymphe».
Doch als ich im Jahre 2006 nach Norwegen fuhr und dort im August eine Woche an der Strecke von Snorre Grønnaess pirschte, musste ich umdenken. Das Wetter und auch der Wasserstand des Trysil-Flusses stimmten, aber die Fische stiegen nicht. Was tun? Snorre hatte die Antwort: Czech-Nymphing!
Und so kam ich nun doch zu einer Lektion in dieser Art des Fischens. Einer sehr eindrucksvollen! Denn Snorre hatte sich über viele Jahre, dank der ihm eigenen Sorgfalt im Ausprobieren neuer Techniken, zu einem Meister der «kurzen Nymphe» entwickelt.
Was ich nun Tag um Tag lernte, will ich gern beschreiben.
Die Ausrüstung ist einfach. Man braucht allerdings eine etwas längere Rute als üblich. 9’ sind gut, 10’ besser. Je leichter die Rute ist (Klasse 4 ist ideal), desto feinfühliger und effektiver gelingt die Sache. Jede Schwimmschnur ist richtig; eigentlich ist sogar egal, ob die Schnurklasse stimmt, denn alles hängt allein vom Vorfach ab!
Die richtige Montage ist beim Czech-Nymphing entscheidend. Bewährt hat sich folgender Aufbau: Ein Loop an der Flugschnur ermöglicht es, daran das ganz spezielle Vorfach zu befestigen. Ein Nagelknoten wäre hier fehl am Platz, denn das Vorfach besteht durchgehend aus ungefähr drei Metern 0,16er-Monofil oder -Fluorocarbon.
Fluorocarbon wird von manchen Experten bevorzugt, weil es schwerer als Monofil ist und deshalb schneller sinkt. Ich habe die ganze Woche mit normalem 0,16er-Monofil als Basisvorfach gefischt und war zufrieden. Die Länge des Vorfachs ist wichtiger als die Materialfrage. Snorre hat da einen guten Tipp, den ich Ihnen gern weitergebe. Bitte stellen Sie sich dazu folgende Situation vor: Wir stehen am Ufer des Flusses, also auf dem Festland. Wir ziehen nun 20 Zentimeter Flugschnur durch den Spitzenring. An unserem Loop haben wir das 0,16er Monofil angeknüpft und zwar mit einem Schlaufenknoten. Wie misst man nun die richtige Länge ab?
Wir heben unsere Rute steil mit ausgestrecktem Arm nach oben, so weit wir können. Nun sollte das untere Ende des Vorfachs gerade den Boden berühren. Hier knüpfen wir später die unterste Nymphe an.
Darüber knüpfen wir zwei kurze Seitenzweige (10 bis 15 cm) ein; der Chirurgenknoten leistet dazu gute Dienste. Die Seitenzweige dienen dazu, dort jeweils eine weitere Nymphe zu befestigen.
Wichtig ist folgender Tipp: Die schwerste Nymphe sollte in der Mitte sitzen. Das überrascht den Anfänger im Czech-Nymphing. Man hätte diese eher am Ende vermutet. «Nein!», sagt Snorre. «Die gehört in die Mitte!» Und mein norwegischer Freund weiss, was Äschen wünschen.
Je weiter man die Nymphen im unteren Teil des Vorfachs platziert, desto schneller sinkt die ganze Montage. Man kann also variieren, je nach Strömungsgeschwindigkeit des Flusses.
Die Technik sieht so aus: Man wirft mit einem Schlenzer (ein richtiger Rollwurf ist kaum möglich oder nötig) stromaufwärts, hebt sofort den Arm, lässt sinken, hält Kontakt, folgt der Drift mit gesenktem Arm bis sich die Schnur streckt. Nun warten! Jetzt steigen die Nymphen auf und eine knackige Attacke ist oft die Folge. Bisse während der tiefen Drift spürt man als Zupfer in der Rutenhand und zwar sehr deutlich. Ein Bissanzeiger ist überflüssig. Wichtig! Die Flugschnur berührt kaum je die Oberfläche des Wassers; sie schwebt darüber. Damit hat die Strömung keinen Angriffspunkt, um die Nymphen frühzeitig vom Grund zu heben. Das ist das Geheimnis des Erfolgs: eine ruhige Drift, grundnah und feinfühlig ausgefischt.
Ideales Terrain für die «kurze Nymphe» sind Partien der Äschenregion mit einer Tiefe von einem bis zwei Metern. Solche Plätze lassen sich ungemein effektiv mit einem tschechischen Fliegentrio abfischen. Im Fachhandel sind solche Nymphen erhältlich. Diese mal mit einer Goldkopfnymphe oder einem üblichen Flohkrebs zu mischen, ist durchaus sinnvoll und fängig. Probieren Sie es aus!
Beeindruckt hat mich die Woche am Trysil vor allem deshalb, weil dort das klassische Nymphenfischen nicht besonders effektiv ist. An der Glomma ging es mir ebenso.
Snorre fing jedoch am Trysil in meinem Beisein sogar zwei Äschen auf einen Streich! Beeindruckend. Aber das ist für meinen norwegischen Freund kein Grund zur Aufregung, denn an der Glomma erlebte er sogar, dass einmal alle drei Haken «besetzt» waren. Mehr geht nicht!
Die extrem langsame, bodennahe Drift eines Fliegentrios bringt also durchschlagenden Erfolg, gerade an schwierigen Gewässern. Die «kurze Nymphe» empfehle ich deshalb an Gewässern, an denen man mit den üblichen Methoden nicht zum Erfolg kommt.
Ja, die «kurze Nymphe» ist eine Teufelstechnik. Unglaublich effektiv, aber das ständige Anheben des Arms, das sehr kurze Werfen, ständig das gleiche Spiel, etwas roboterhaft im Ablauf – all dies ist nicht jedermanns Sache.
Entscheiden Sie selbst, ob Sie damit anbandeln möchten. Ein Versuch macht klug!
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