Bielersee-Winterhechte
26 | 01 | 2022 Schweiz | Praxis | VideoText & Fotos: Ivan Valetny 66846
26 | 01 | 2022 Schweiz | Praxis | Video
Text & Fotos: Ivan Valetny 6 6846

Bielersee-Winterhechte

Im Winter sind die Möglichkeiten zu fischen begrenzter als in der warmen Jahreszeit. Ein zu Unrecht unterschätzter Zielfisch in der Schweiz ist der Hecht, vor allem in unseren tiefen Seen. Denn der Hecht ist auch im Winter aktiv am Fressen und steht nicht ganz so tief wie andere Zielfische. Ausserdem fängt die Hechtschonzeit im Kanton Bern erst am 1. März an, also genug Zeit, um schöne Wintertage dem Hecht zu widmen. In diesem Bericht verrät Dir Ivan Valetny, wie er im Winter vorgeht, um vom Boot aus möglichst viele Hechtkontakte zu produzieren.


Ich verwende zum winterlichen Hechtjiggen meine gröbere Hechtrute mit 20 bis 70 g Wurfgewicht und ungefähr 2,5 m Länge. Die Graphiteleader Aspro 822HH ist mein Favorit für diesen Zweck. Daran eine passende Rolle mit einer 17er-Geflochtenen, in meinem Fall die Nanofil von Berkley auf einer Daiwa Caldia 4000CXH. Die Nanofil friert auch bei deutlichen Minusgraden nicht auf der Rolle fest wie normales Geflecht. Daran verwende ich Gummi­fische von 10 bis maximal 16 cm an Jigs von 20 g, 25 g und 30 g Gewicht. So fische ich die Bereiche von 15 m bis 25 m ab. Dazu gehört ein Netz, das gross genug ist, um auch einen Prachtshecht zu feumern. Die Wahrscheinlichkeit für einen Ausnahmefang im Winter ist grösser als im Sommer, da wir in der kalten Jahreszeit im Revier der Freiwasserhechte fischen müssen.


Vorfach

Bei uns am Bielersee ist die Bissfrequenz in der warmen Jahreszeit ungefähr drei Mal so hoch auf Fluorocarbon wie auf Stahlvorfach. Im Winter ist der Unterschied nochmal deutlicher mit ungefähr fünf zu eins. Ich versuche dabei aber möglichst schonend vorzugehen und verwende für die erwähnten Gummi­fische von 10 bis 16 cm ein massives 50er-Fluorocarbon. Die Gummifische verwende ich ohne Widerhaken. Wenn man konzentriert fischt, hat man ungefähr alle 10 bis 20 Bisse einen Abbiss. Bei einem Abbiss kann der Hecht den widerhakenlosen Köder einfach losschütteln. Dazu verzichte ich bei den 10 cm Gummis generell auf einen Angstdrilling. Es macht einen Unterschied, ob man während fünf Stunden einen oder fünf Bisse hat, in schlechten Zeiten bekommt man mit Metallvorfächern tagelang keinen Biss. Ich habe diesbezüglich schon über ein Dutzend Feldversuche mit Kollegen gemacht, deshalb meine Anpassung an die Umstände am Bielersee. An anderen Gewässern ist dieser Umstand aber nicht so gravierend. Am Sihlsee beispielsweise hat ein Metallvorfach keine so grosse Scheuchwirkung auf den Hecht, anders allerdings beim Zander.

 Kleine, rundliche Gummifische von 10 bis 13 cm und genügend Jiggewicht bringen mehr Hecht, auch im Winter.

Kleine, rundliche Gummifische von 10 bis 13 cm und genügend Jiggewicht bringen mehr Hecht, auch im Winter.


Führung

Die Gummifische mit den schweren Jigköpfen fliegen bei mir schön weit. Das sollten sie auch, da man durch die grosse Angeltiefe viel befischbare Strecke vor dem Boot verliert. Nach dem Auswerfen lege ich die Schnur möglichst gerade auf die Wasseroberfläche ab und lasse sie zu Anfang an offenem Bügel abziehen. Ich schätze ab, wann der Köder in Grundnähe kommt und nehme vorher wieder Kontakt zum Gummifisch auf, so bin ich in der heissen Zone bereit, falls ein Biss kommt. Im Winter führe ich den Gummifisch für unsere Hechte langsamer als in der warmen Jahreszeit, aber nicht in Zeitlupe. Am und auf dem See kurble ich eher als anzujiggen, meistens eine Mischung aus beidem. Dafür kurble ich etwas mehr, so fünf bis acht Mal und lasse danach den Gummifisch schön lange sinken. So hat der Hecht genügend Zeit, um seinen Angriff zu starten. Da das Wasser kälter ist, braucht er dafür länger. Auch braucht er wegen der niedrigen Temperatur weniger Nahrung, da auch sein Stoffwechsel stark verlangsamt ist. Wenn ich den Köder recht nahe beim Boot habe und der Winkel zum Gummifisch steiler wird, lohnt sich einfaches, langsames Einkurbeln. Manchmal packt dabei doch noch ein näher stehender Hecht zu. Langsames Einkurbeln kann aber auch eine eigene Führungsmethode sein. Manchmal werfe ich aus, lasse den Gummi zu Grund sinken und kurble den Köder langsam und monoton bis zu mir ein. So fischt man verschiedene Tiefenbereiche ab und bietet dem Hecht eine einfache Möglichkeit, zuzuschnappen. Gerade im Winter kann eine monotone Führung für Hechte sehr ansprechend sein. Bei Windstille werfe ich den ganzen Bereich um das Boot ab. Bei Wind fische ich nur die vom Wind abgewandte Seite ab. Sieh Dir zum Thema Führung noch das zu diesem Bericht gehörende­ Video an.

 60er-Hecht auf 10 cm-Gummifisch am 25 g-Jig, gebissen in 18 m Tiefe. Im Magen war eine halbver­daute Felche.

60er-Hecht auf 10 cm-Gummifisch am 25 g-Jig, gebissen in 18 m Tiefe. Im Magen war eine halbver­daute Felche.


Stellensuche

Langsam abfallende Kanten sind das ideale Gebiet, um die verstreuten Winterhechte zu suchen. Hier haben sie Platz, konkurrenzieren sich nicht zu sehr, haben aber trotzdem ein grosses und von der Tiefe her passendes Jagdgebiet. Auch sind diese Bereiche einfacher zu befischen, da man den Spot rund um das Boot abwerfen kann. Steilere Kanten beherbergen auch im Winter Hechte, aber da der richtige Tiefenbereich in 15 bis 25 m dadurch schmaler ist, halten sich an steileren Kanten weniger Hechte auf. Wie die Kante sich im flachen Bereich verhält, spielt im Winter keine grosse Rolle, da dort nur sehr wenige Hechte stehen; die Mehrzahl der Hechte sind auf 15 bis 25 m anzutreffen. Dieser Bereich kann auch gut einige 100 m weit weg vom Ufer sein, wie man im Video sehen kann.

 Drillaussteiger in der Tiefe sind keine Seltenheit, deshalb lohnt sich die Steigerung der Bissfrequenz.

Drillaussteiger in der Tiefe sind keine Seltenheit, deshalb lohnt sich die Steigerung der Bissfrequenz.


Die Kälte ertragen

Ich fragte mich über Jahre, was gewisse Leute mit ihrer Merinowolle haben. Irgendwann habe ich mich dazu überreden lassen, Socken aus Merinowolle im Decathlon zu kaufen. Nun ja, dazu kamen noch dünne Handschuhe, lange Thermowäsche und eine dünne Kappe. Der Unterschied zu normalen Stoffen ist massiv. Auch meine Freundin liebt die Merinosöckchen mittlerweile für Outdooraktivitäten im Winter. Ich bin unterdessen auch ein Fan davon geworden und kann es nur empfehlen, wenn man mit der Kälte zu kämpfen hat.

Trotz der besten Kleidung bekommt man aber irgendwann kalt, wenn man sich kaum bewegt. Irgendwann zieht sich das warme Blut immer mehr aus den Extremitäten zurück und man bekommt kalte Zehen und Fingerspitzen. Mir hilft es dann, die Rute beiseite zu legen und mich etwas zu bewegen: Schütteln, Waden drücken, Kniebeugen oder hüpfen. Das nützt, den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. 

 Beute von einigen Nachmittagsstunden Hechtfischen. Mit etwas Ausdauer und Glück klappt es auch bei Dir.

Beute von einigen Nachmittagsstunden Hechtfischen. Mit etwas Ausdauer und Glück klappt es auch bei Dir.


Entnahme

Im Sommer vertragen die Hechte im flacheren, wärmeren Wasser ein eventuell nötiges Zurücksetzen besser als im Winterwasser, wenn die Fische bei langsamem Stoffwechsel aus tiefem, kühlem Winterwasser kräftezehrend hochgedrillt werden. Im Winter entnehme ich alle massigen Hechte; bei einer Zurücksetzung würden sie möglicherweise an Trommelsucht verenden. Wenn ich im Winter keinen Hecht verwerten kann und will, lasse ich die winterliche Hechtfischerei einfach ruhen.

 

6 Kommentare


H.P. Wittwer

14 | 02 | 2022

Beim hechtfischen im Thunersee Gwatt vom Boot aus.
Wie ist das fischen auf Hecht mit eingemachten fischen im Glas. Schleppfischen mit 2 Ruten.
Besten Dank
H.P. Worblaufen


??????????????????

03 | 03 | 2022

Wie bescheuert ist denn das...! Werbung dafür zu machen im Winter Hechte welche sich im Laichaufbau befinden tot zu schlagen...?! Völlig daneben...!!!

Antworten an: ??????????????????

14 | 10 | 2022

Wenn die Hecht Schonzeit erst ab März ist ist doch alles ok mein grosser.


Jan

14 | 04 | 2022

Liebe Ivan
Top Beitrag, top Video. Nur die Geschichte mit dem Druckausgleich und dem Hecht solltest du dir nochmals genauer anschauen. Genau wie die Felche und andere Salmoniden hat der Hecht eine Verbindung zwischen Schwimmblase und Darm. Entsprechend sind sie da bei weitem nicht so anfällig wie beschrieben.
LG Jan


Roland

30 | 04 | 2022

Guten Tag

Das video ist gut gemacht ich bin aber eher ein Schlepp Angler im Zürichsee und Sihlsee ist das im Bielersee auch gut Auf Hechte?


Manuel

15 | 03 | 2023

Hallo Ivan, danke für tollen Artikel. Deine Beiträge sind sowieso immer praxis nah und hilfreich.

Ich habe dennoch eine Bitte an dich und die Redaktion bezüglich dem fischen ohne Stahlvorfach am Sihlsee. Nach 15 Jahren fischen am Sihlsee, weiss ich, dass man mit Stahlvorfach genauso gut Zander und auch grosse Egli fangen kann. Vorausgesetzt, das Vorfach verursacht keine Vibrationen (Bsp. Mono Titan oder feines 9x9 Stahl). Ich habe aber Hechte mit einem Duzend Haken im Magen gefangen weil viele denken, dass man Zander nur mit 0.25mm Monofil-Vorfach fangen kann. Das ist einfach ein schwachsinniger Aberglaube, den man nicht unterstützen sollte. Wo es Hechte gibt, muss ein Hechtsicheres Vorfach an den Köder!


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